Imane Khelif zieht einstimmig ins Finale ein.

Imane Khelif gewann auch gestern Abend in Paris ihr Halbfinalenduell und boxt jetzt um die Goldmedaille.

Olympisches Boxtrunier: Die Weltergewichtlerin aus Algerien bezwingt Janjaem Suwannapheng aus Thailand. Hitzige Debatte um Intersexualität und Wettbewerbsverzerrung hält an.

Der Druck, die Last, die Wut – alles fällt von ihr ab. Imane Khelif tänzelt durch den Ring, zieht ihre Knie hüfthoch und bewegt dabei taktvoll ihre Zeigefinger. Ein Siegestanz. Die Weltergewichtlerin (bis 66 Kg) aus Algerien zog am Dienstagabend im fast ausverkauften Court Philippe-Chatrier auf der Tennisanlage Roland Garros ins olympische Finale von Paris ein. Einstimmiger Punktsieg gegen Janjaem Suwannapheng aus Thailand (30:27, 30:26, 30:27, 30:27, 30:27).

Schon in Runde eins wird klar: Khelif nutzt ihren Reichweitenvorteil, hält ihre Kontrahentin mit der linken Führhand auf Distanz. Und bietet sich eine Lücke, folgt eine schnelle Links-rechts-Kombination. Alle Fünf Punktrichter sehen die Athletin aus dem algerischen Tiaret vorn. Suwannapheng sucht in den zweiten drei Minuten den Infight, will punkten. Das klappt selten. Khelif bleibt beweglich auf den Beinen, weicht den Attacken aus, setzt ihrerseits immer wieder Akzente. Nicht nur das, die Faustkämpferin aus der thailändischen Provinz Nong Khai kassiert mehrmals schmerzhafte Konter. Vor dem Gong zur dritten und letzten Runde führt Khelif, uneinholbar. Nur ein Niederschlag kann Suwannapheng auf den Punktezetteln noch einmal heranbringen. Vergeblich, zumal die Thailänderin vom US-amerikanischen Ringrichter 30 Sekunden vor dem Schlussgong angezählt wird. Folgerichtig: Khelif hat Silber sicher, Suwannapheng Bronze.

Imane Khelif.

„Ich bin sehr stolz, auf das, was ich erreicht habe. Ich habe alles gegeben, was ich hatte“, sagt Khelif bei beIN Sports aus Katar kurz nach dem Halbfinale – und bemerkt: „Ich konzentriere mich auf die Konkurrenz, andere Dinge sind nicht wichtig. Wichtig ist, dass ich jetzt im Finale stehe.“

Dennoch, im Hintergrund schwelt der Konflikt um eine mögliche Intersexualität Khelifs weiter – samt des Vorwurfs der Wettbewerbsverzerrung. Unter dem Hashtag #SaveWomen´sSports mobilisieren Kritikerinnen und Kritiker seit Tagen gegen die Olympia-Teilnahme von Khelif und die taiwanesische Boxerin Lin Yu-ting. Beide Athletinnen hatte die International Boxing Association (IBA) noch bei der Weltmeisterschaft 2023 im indischen Neu-Delhi disqualifiziert. Geschlechtstests hätten gezeigt, „dass sie männlich sind“, betonte der zugeschaltete IBA-Präsident Umar Kremlew abermals am Montag bei einer Pressekonferenz. Ioannis Filippatos, Ex-Vorsitzender des medizinischen Komitees der IBA, ergänzte laut Nachrichtenagentur AFP: „Das Problem ist, dass wir zwei Blutuntersuchungen mit einem männlichen Karyotyp haben. Dies ist die Antwort des Labors.“ Das Problem: Die Ergebnisse der Untersuchungen könne der Verband aus Datenschutzgründen nicht offenlegen, so IBA-Generalsekretär Chris Roberts.

Imane Khelif, wird sie auch die Goldmedaille gewinnen?

Für das Internationale Olympische Komitee (IOC), mit dem die IBA seit der Olympia-Suspendierung im Clinch liegt, ist hingegen das im Pass angegebene Geschlecht maßgeblich für Zulassung und Teilnahme. IOC-Boss Thomas Bach hatte ferner am vergangenen Samstag erklärt, es habe „nie ein Zweifel“ bestanden, dass Imane Khelif und Lin Yu-ting „Frauen sind“.

Und nun? Fest steht: Khelif trifft im Finale am Freitagabend auf Yang Liu. Die amtierende Weltmeisterin aus der Volksrepublik China setzte sich im zweiten Halbfinale in einem knappen Gefecht gegen die Taiwanesin Chen Nien Chin durch – Split Decision: 4:1 (29:28, 29:28, 29:28, 29:28, 27:30).

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