Am Donnerstag in Paris: Kevin Lele Sadjo und Bakary Samake

Fightposter: Samake vs. Alamos.

In Paris findet das erste große Event der Woche statt und liefert aufregende Namen in den Hauptkämpfen.

Die aktuelle Woche hat für Sportfans so einiges zu bieten. Zum einen der Auftakt der Fußballeuropameisterschaft in Deutschland, der selbst Menschen ohne Fußballinteresse durchaus anspricht. Aber auch für Boxsportfreunde ist so einiges geboten. Am Freitag verteidigt Deutschlands einziger Europameister, Abass Baraou (15-1), seinen Gürtel. Am Samstag hingegen finden gleich drei Events mit großen Weltmeisterschaftskämpfen statt, die einen echten Boxmarathon versprechen.

Den Startschuss für diese tolle Woche wird jedoch am Donnerstag in Paris gelegt. Im Zenith de Paris-La Villette präsentiert Samake Promotions ein Event, das sieben Profikämpfe beinhalten soll. Darunter finden sich auch große Namen, denen eine noch größere Zukunft bescheinigt wird. Grund genug also, sich die Fightcard einmal genauer anzuschauen.

Samake – ein 20-jähriges Talent im Hype

Bakary Samake.
Im Hauptkampf wird der 20-jährige Bakary Samake (15-0) auf Julio Alamos (16-2) im Superweltergewicht treffen. Samake konnte sich im vergangenen Jahr eindrucksvoll die IBF-Juniorenweltmeisterschaft sichern. Er bezwang dafür mühelos den Argentinier Lucas Brian Ariel Bastida (20-3-1). Zuvor ging Bastida noch 10 Runden mit Josh Kelly (15-1-1) und konnte gegen den renommierten Briten deutlich mehr Akzente setzen. Für einen 19-Jährigen war das wirklich ein absolutes Statement. Weitere starke Leistungen folgten, und es kreierte sich ein echter Hype um die Personalie Samake. Viele Kampfsportinfluencer stellten seine Kämpfe und Skills vor, und alle waren gespannt auf seine kommenden Kämpfe. Samake galt als der große Shootingstar der französischen Boxszene.

 

Der Kampfstil von Samake ist sehr technisch. Er hat einen sehr starken Bewegungsapparat und agiert viel über die Beinarbeit. Er wirkt technisch sehr ansprechend und baut den Kampf gekonnt mit der Führhand auf. Ein Actionfighter ist er hingegen nicht. Er stellt sich nicht dem harten Schlagabtausch und möchte Gegner im Infight niederringen, sondern versucht, solche Situationen zu vermeiden und seine technischen Fähigkeiten auszuspielen. Im letzten Kampf glückte dies gegen den renommierten Ahmed El Mousaoui (35-6-1) nicht sonderlich gut. Ahmed El Mousaoui investierte viel in den Kampf, und Samake hatte seine Probleme. Am Ende bekam er einen knappen Punktsieg zugesprochen, der in Frankreich auch nicht unkontrovers diskutiert wurde. Nun wartet der nächste Kampf auf ihn, und es stellt sich die Frage, welche Performance Samake nun zeigen kann.

Julio Alamos – ein physisch starker Mann in einer neuen Gewichtsklasse

Boxen: Agon Fightnight, Wuppertal, 01.07.2023
IBO-Weltmeisterschaft: Etinosa Oliha (ITA) – Julio Alamos (CHI)
© Torsten Helmke

Nun wird Samake mit Julio Alamos (16-2) auf einen sehr starken Mann treffen. Der Chilene ist in Deutschland bestens von AGON-Veranstaltungen bekannt. So konnte er im Februar 2023 Björn Schicke (20-2-1) durch den Ring prügeln und dessen Profilaufbahn krachend beenden. Wenig später, im Juli, gab es dann den nächsten Kampf in Deutschland, wo er sich im Mittelgewicht um den IBO-Titel mit dem Champion Etinosa Oliha (20-0) duellierte. Das war natürlich eine große Gelegenheit für beide Boxer, und sie lieferten entsprechend einen tollen und harten Kampf, der auf Augenhöhe geführt wurde. Es waren intensive 12 Runden, in denen Alamos auch einen stark blutenden Cut auf der Nase in den hinteren Runden erlitt. Dennoch blieb er konstant angriffslustig, verlor jedoch hauchdünn nach Punkten diesen Kampf.

Auch wenn Alamos den Kampf nicht gewonnen hat, so ist es ein Fingerzeig dahingehend, dass er überhaupt 12 Runden mit so einem Weltklassemann wie Oliha ausgeglichen gehen kann. Das zeigt eindrucksvoll, über welche Leistungsfähigkeit er verfügt. Er ist ganz sicherlich ein Mann der erweiterten Weltspitze und für ein 20-jähriges Talent eine echte Hürde. Alamos, der eigentlich aus dem Supermittelgewicht kommt und zuletzt im Mittelgewicht starke Leistungen zeigte, wird für den Kampf sogar nochmals die Gewichtsklasse wechseln. Im Superweltergewicht wird er physisch enorm stark sein. Selbst im Mittelgewicht zählte er schon zu den physisch stärksten Männern. Wie das im Superweltergewicht aussehen wird, mag man sich kaum vorstellen. Auch in puncto Physis wird dort somit einiges auf Samake zukommen.

Favorit durch den Heimvorteil

Ein wirklich toller Hauptkampf also, der zwei talentierte und starke Boxer präsentiert, die in einem ausgeglichenen und interessanten Match-up stehen. Samake hat den Heimvorteil, wird sich aber bei dieser harten Gegnerwahl auch steigern müssen. Ansonsten kann es durchaus sein, dass der physisch starke Alamos hier durchrennen wird.

Sadjo – ein unaufhaltsamer Actionfighter

Das Kraftpaket Kevin Lele Sadjo.

Im Co-Main Event werden im Supermittelgewicht Kevin Lele Sadjo (22-0) und Durval Elias Palacio (13-2) um den WBC Silver-Titel kämpfen. Sadjo ist ein echtes Kraftpaket, das reihenweise seine Kontrahenten ausknockt. Im Dezember 2021 bekam er die Gelegenheit, in England gegen Jack Cullen (22-6-1) anzutreten, nachdem Emre Cukur (21-3-1) durch einen Handbruch absagen musste. Der Ersatzgegner Sadjo prügelte Cullen durch den Ring und kürte sich zum neuen Europameister. Er verteidigte daraufhin erfolgreich seinen Europameisterschaftstitel gegen Emre Cukur und Giovanni De Carolis (33-11-1). Auch Sven Elbir versuchte sich gegen Sadjo, wurde aber vorzeitig vom energetischen Franzosen eliminiert.

Nicht ohne Grund weist Sadjo eine KO-Quote von über 90 % auf und scheint in Europa keinen Gegner zu finden, der ihm ernsthaft gefährlich werden könnte.

Argentinischer Puncher bereit zur Schlacht

Durval Elias Palacio.

Sadjo trifft nun auf den Argentinier Durval Elias Palacio, der den Kampfnamen „El Bombardero“ trägt. Dass Palacio durchaus über Schlagstärke verfügt, hat er bereits in der Vergangenheit bewiesen. Insgesamt 10 seiner 13 Siege holte er vorzeitig, darunter die letzten 4 Kämpfe am Stück. Beispielsweise stoppte er im März 2023 Hancel Gonzalez (11-2) innerhalb von 2 Runden, der wenig später noch volle 10 Runden mit Leon Bauer (21-0-1) in Deutschland ging. Palacio war zudem einige Zeit im Halbschwergewicht aktiv und sicherte sich dort unter anderem einen kleineren WBC-Titel sowie die argentinische Meisterschaft.

Der ehemalige Lateinamerikameister erhält nun durch seine guten Resultate bei der WBC die Gelegenheit, um einen internationalen Gürtel in Frankreich zu kämpfen. Besonders eindrucksvoll war rückblickend sein Kampf gegen Braian Nahuel Suarez (19-2), bei dem beide Männer im März 2022 am Boden waren. Zwar verlor Palacio diesen Kampf, was seine bisher letzte Niederlage bedeutete, doch er zeigte damit auch, dass er für jede Schlacht zu haben ist. Da Sadjo ebenfalls nur einen Weg kennt, nämlich mit voller Brutalität nach vorne zu gehen, ist diese Ansetzung eine versteckte Perle der Woche!

Die Kontereigenschaften von Palacio sind nicht zu unterschätzen. Ob er jedoch den enormen Druck von Sadjo mit seiner löchrigen Defensive überstehen kann, ist mehr als fraglich. Auch wenn Palacio den Kampf im Verlauf verlieren sollte, wird der Weg dahin sicherlich unterhaltsam und hart werden.

Die weitere Undercard in Paris

Victor Yoka.

Victor Yoka (4-0) vs. Mathis Lourenco (13-4-3), Superweltergewicht: Yoka war ein guter Amateurboxer auf nationalem Niveau. Er verpasste die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Tokio und fokussiert sich seitdem vollkommen auf den Profibereich. Nach 4 Aufbaukämpfen erfolgt nun mit Lourenco sein erster wirklich ernstzunehmender Gegner, der auch schon Erfahrung mitbringt. Dieser wurde französischer Meister und konnte zuletzt mit Robin Zamora auch einen giftigen und unbequemen Gegner bezwingen. Entsprechend wird Yoka hier sein ganzes Talent aufbringen müssen.

Raphaël Monny vs. Camilo Castagno.

Raphaël Monny (Debüt) vs. Camilo Castagno (3-6), Halbschwergewicht: Monny gibt am Donnerstag sein Profidebüt. Er war ein guter Juniorenamateur und konnte sich den nationalen Meistertitel auch bei der Elite sichern. Natürlich kann man bei der Gegnerwahl für ein Profidebüt bei einem 22-Jährigen nicht zu viel verlangen. Teilweise werden dort auch enorm schwache Männer verpflichtet, wo es nur darum geht, erfolgreich den ersten Schritt zu setzen. Mit Castagno hat man aber solch einen schwachen Mann nicht verpflichtet, denn der Argentinier hat teilweise schon ausgeglichene Kämpfe im Cruisergewicht geliefert und dürfte für einen Debütanten schon eine gewisse Herausforderung darstellen.

Idriss Dogbegan vs. Omar Selloum.

Idriss Dogbegan (5-1) vs. Omar Selloum (3-2), Supermittelgewicht: Dogbegan kommt aus seiner ersten Niederlage, wo er aber eine sehr beherzte Leistung gegen Mustapha Zaouche zeigte. Dennoch war es ein Niederschlag, und Dogbegan wird sich nun erneut beweisen müssen. Mit Selloum wartet ein Mann, der aus dem Halbschwergewicht kommt. Er hat zwar schon 2 solide Siege einfahren können, aber auch 2 Niederlagen hinnehmen müssen. Für den Sieger geht die erfolgreiche Reise weiter, für den Verlierer wird es ein weiterer empfindlicher Nackenschlag bedeuten. Der Kampf verspricht in dieser Konstellation also sinnvoll und spannend zu sein.

Mit Mustapha Zaouche (13-0) und dem Schwergewicht Maxime Vaz (1-0) stehen noch zwei weitere Kämpfe parat, deren finalen Paarungen aber noch nicht fixiert sind.

RMC Sport 2 überträgt das Event

Insgesamt muss man konstatieren, dass Paris eine tolle Boxveranstaltung erleben wird. Die beiden Hauptkämpfe sind richtig stark und spannend. Die restliche Undercard fällt qualitativ natürlich etwas ab, ist aber insgesamt positiv zu betrachten.

Der Sender RMC Sport 2 wird das Event in Frankreich um 20:30 Uhr übertragen. Wer sich das Event also ansehen möchte, muss irgendwie den Sender empfangen. Es gibt zwar ein Abo für 25 € im Monat, welches aber nur für Franzosen vorgesehen ist. Mit einem VPN lässt sich bei Interesse ein solches Abo abschließen.

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