Nur im Doppelpack: die Ayada-Brothers

Die Berliner Maher und Ibrahim Ayada greifen nach mehrjähriger Auszeit wieder an. Für Box-Promotor Kenan Hukić von MH Boxing zwei Halbschwergewichtler mit Potential und Perspektive

Sie waren jahrelang raus aus dem Box-Zirkus, greifen nun wieder an, wollen nach oben, ganz weit nach oben. Kurz: an die Spitze. Richtig, das wollen viele, aber nur die wenigsten haben das Potential dafür. Bei den Halbschwergewichtlern Maher Ayada (36) und Ibrahim Ayada (30) ist das anders, soll es jedenfalls anders werden, so Kenan Hukić im Exklusiv-Gespräch mit „Boxen1.com“.

Er ist der Manager der Ayada-Brothers. Hukić ist zugleich Geschäftsführer der Berliner Promotion MH Boxing. „MH“, na klar, das steht für Marco Huck. Kenan ist dessen jüngerer Bruder und hat parallel zur Laufbahn des Ex-Cruiser-Champs einen Box-Stall aufgebaut.

Es ist wie bei allen Box-Promotoren auch: Sie suchen nach Topathleten, nach Faustkämpfern mit einem „Alleinstellungsmerkmal“, wie Hukić es nennt. Die Brüder Ayada haben ein solches, denn „die zwei gibt es nur im Doppelpack.“ Das stimmt. Maher sei alles in Einem: „Großer Bruder, bester Freund, Vater“, sagt Ibrahim. Maher ergänzt: Sie seien von klein auf zusammen aufgewachsen, familiär sehr eng, „und das ist so geblieben.“ Und nein, Freunde von Cliquen und Gruppen seien sie nie gewesen, betont Ibrahim. Das sei was für „schwache Leute“, die sonst keinen Halt finden. Maher: „Ibrahim ist wie 100 Mann.“ Also, die Ayadas brauchen keine „Freundschaften“, die nur künstlich sind, Fakes. Auch das gehört für Hukić zu einer Vorbildfunktion. Ein brüderliches Vertrauen, das grenzenlos ist. Eines mit Vorbildcharakter, betont er. Denn: In vielen Familien fehlt Zusammenhalt, fehlt Gemeinschaft.

Die Familie Ayada ist mit zehn Geschwistern im West-Berliner Außenbezirk Spandau aufgewachsen. In einer Hochhaussiedlung. Sie haben palästinensische Wurzeln, ihre Eltern verschlug es von Haifa über den Libanon in den Westteil der deutschen Hauptstadt. Maher und Ibrahim leben nun schon seit Jahren in Wilmersdorf. Dort ist vieles etwas schicker, teils gutbürgerlich.

Und boxerisch, was zeichnet beide aus? Zunächst eine solide Amateurlaufbahn. Was man von zahlreichen professionellen Boxern nicht sagen kann. Maher Ayada hat 55, Ibrahim Ayada 78 Fights im olympischen Boxen absolviert. Etwa in der Box-Bundesliga für Boxring Hertha BSC bzw. in der Kampfgemeinschaft der Berliner mit dem BC Cottbus. Ibrahim galt schon als Junge als Toptalent, war auf der Berliner Sportschule, streifte ein-, zweimal das deutsche Nationaldress über. Aber: Berlin ist ein schwieriges Pflaster für Amateurboxer, bereits seit Jahren bekommt der Verband keine Bundesliga-taugliche Boxstaffel mehr hin. Ein Problem, nicht nur für den Nachwuchs.

Und ein Faktor, um ins Profilager zu wechseln. Die Ayadas haben den Schritt 2015 vollzogen. Ihre Kampfbilanz ist jeweils makellos. Nach dem August 2020 war aber nach dem neunten Profi-Fight Schicht. Unfreiwillig. Es war die schwere Phase der Coronakrise, die alles durcheinander gebracht hat. Kampfabend wurden abgesagt, teils kurzfristig. Gegner, die fest zugesagt hatten, erschienen nicht. Zwischendrin war nichts mehr planbar, für die Athleten nicht, für die Promotoren nicht, für niemanden. Dennoch, trainiert haben Maher und Ibrahim weiter, sie haben sich fit gehalten, denn aufgeben, die Boxhandschuhe an den Nagel hängen ist nicht ihre Sache. Gewiss nicht.

Einen schweren Rückschlag gab es aber noch: einen Mordanschlag im vergangenen Dezember auf Ibrahim Ayada. Zwei Kugeln trafen ihn in den frühen Morgenstunden vor der eigenen Haustür. Ibrahim musste notoperiert werden, überlebte das bisher nicht aufgeklärte Attentat knapp. Eine tragische Erfahrung, die den 30-jährigen Modellathleten nicht kleingekriegt hat, sagt er. Im Gegenteil: „Ich werde stärker zurückkommen als jemals zuvor.“

Kürzlich erst war Maher Ayada dran, beim Kampfabend mit dem Haupt-Act des Comebacks von Marco Huck Ende Juni im Estrel Convention Center in Berlin-Neukölln. Der Veranstaltungsort war voll, ausverkauft, knapp 4.000 Zuschauer. Auch für die Bundeshauptstadt ist das nicht üblich, MH Promotion ist es aber gelungen, ein Zeichen zu setzen, Profi-Boxen hat weiterhin seine Strahlkraft, sein Publikum, seine Resonanz. Selbst in Berlin. Und Maher einen weiteren Sieg in der Tasche, glatt nach Punkten gegen den erfahrenen Argentinier Javier Francisco Maciel. Ein Kampf, ein Erfolg, ein Sprung nach vorne in der Weltrangliste. Logisch, bis unter die Top 15 international ist es noch ein langer Weg, uneben und steinig.

Nur, wie geht es mit den Ayadas konkret weiter? Mit Kämpfen, versichert Hukić. „Wir machen aber kein Ratzfatz, wir arbeiten systematisch.“ Dabei orientiert sich MH Boxing auf die vier großen Weltverbände WBC, WBA, WBO, IBF. Hukić: „Nur und ausschließlich.“ Kooperationspartner hierzulande ist der Bund Deutscher Berufsboxer (BDB), gleichfalls nur.

Ibrahim soll bis Jahresfrist mittels Aufbaukämpfen wieder in den professionellen Wettkampf finden. Das sei das oberste Gebot, so sein Manager. Mit seinem Bruder Maher peilt Hukić den ersten Titelkampf an. So langsam, aber sicher. „Wir sind intensiv dabei.“

Fest steht: Maher und Ibrahim Ayada sind zurück im Box-Zirkus, wollen mitmischen; nein, sie werden mitmischen. Kräftig als Doppelpack.

4.7/5 - (29 votes)

1 Kommentar

Kommentieren Sie den Artikel

Bitte geben Sie Ihren Kommentar ein!
Bitte geben Sie hier Ihren Namen ein