Freitag, 11. Oktober 2024
HERQUL-Gewinner BOXEN1
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Jai Opetaia mit Blick auf Dmitriy Bivol.

Jai Opetaia mit Blick auf Dmitriy Bivol.

Turki Alalshikh macht Dmitriy Bivoll nach seinem Sieg im Ring das Angebot neben dem Kampf gegen Beterbiev auch gegen Jai Opetaia zu boxen.

Nachdem der WBA-Halbschwergewichtstitelträger Dmitry Bivol am Samstag in Riad, Saudi-Arabien, Malik Zinad in der sechsten Runde KO schlug und damit seinen Titel zum zwölften Mal erfolgreich verteidigte. Dies geschah in dem einzigen Kampf, der nicht Teil des „5 vs. 5“-Boxwettbewerbs zwischen Queensberry Promotions vs. Matchroom war. Turki Alalshikh, Vorsitzender der „General Entertainment Authority Saudi-Arabiens“, gab bekannt, dass Bivols Kampf gegen den dreifachen Gürtel-Inhaber Artur Beterbiev auf den 12. Oktober verschoben wurde.

Eigentlich hätten Bivol vs. Beterbiev im Hauptkampf am Samstag um den unbestrittenen Titel im Halbschwergewicht kämpfen sollen, doch vor einem Monat zog sich Beterbiev eine Knieverletzung zu. Malik Zinad ersetzte ihn und der Kampf wurde in den Vorkampf verschoben.

Jai Opetaia bei seinem letzten Kampf in Riad-Saudi Arabien, wo er im Rahmen von Usyk vs. Fury, sich den IBF-Titel gegen den Ex-Champion Beirrtes zurück holte. Foto: Mikey Williams/Top Rank.

Direkt nach seinem eindrucksvollen Sieg über Malik Zinad gratulierte Alalshikh Dmitriy Bivol und gab den neuen Termin für den unbestrittenen Kampf gegen Artur Beterbiev bekannt. Er sagte auch, er hoffe, Bivol irgendwann gegen den linearen/IBF-Cruisergewichts-Champion Jai Opetaia antreten zu sehen, der an diesem Abend am Ring saß.

„Sie sind einer der besten Boxer aller Zeiten, Sie verdienen den Kampf gegen Beterbiev und Sie wissen, dass wir Ihnen vier oder fünf große Kämpfe anbieten“, sagte Alalshikh. „Wir wollen Sie gegen David Benavidez sehen, wir wollen Sie gegen Jai Opetaia sehen, wir wollen Sie gegen die Top-Leute der Welt sehen. Und jetzt konzentrieren wir uns auf den 12. Oktober.“

Der 33-jährige Russe Bivol (23-0-0, 12 KO-Siege) müsste erst mal natürlich Artur Beterbiev besiegen und dann eine Gewichtsklasse aufsteigen um gegen Jai Opetaia boxen zu können. Aber wenn Bivol es schafft auch Betrbiev zu besiegen, dann ist Opetaia sehr an dem Showdown interessiert.

Bis jetzt noch ein „Fantasy Fight“, aber die Saudis machen mit ihrem Multi-Millionen Invest in den Boxsport einfach alle möglich.

„Ich würde diesen Kampf mit offenen Armen annehmen“, sagte Jai Opetaia gegenüber „Title Sports Network“. „Ich respektiere Bivol. Er ist einer der wenigen Kämpfer, die ich ständig beobachte. Also, lasst uns loslegen. Er ist ein großartiger Boxer.“

„Der Typ, gegen den er gekämpft hat (Zinad), war kein schlechter Boxer, auch wenn er nur der Ersatzmann war. Das zeigt, aber auch wie gut Bivol ist, aber ich bin auch auf diesem Niveau. Ich würde diesen Kampf gerne annehmen, Mann.“

Dmitriy Bivol ist einer der zur Zeit besten Boxer der Welt. Die Saudis sind bereit ihm die ganz großen Kämpfe zu besorgen.

Der 28-jährige Opetaia (25-0-0, 19 KO-Siege), ein australischer Rechtsausleger, hat seine letzten beiden Kämpfe in Riad, Saudi-Arabien, bestritten. Im Dezember schlug er Ellis Zorro in der ersten Runde KO und behielt so den direkten Titel. In einem Revanchekampf am 18. Mai besiegte er Mairis Briedis nach Punkten und holte sich damit den vakanten IBF-Gürtel zurück, dieser Kampf fand auf der FightCard des Schwergewichtskampfs um den unbestrittenen Titel zwischen Tyson Fury und Oleksandr Usyk statt.

Quelle: Dan Rafael.

Canelo immer noch unentschlossen über den IBF-Titel, während das Purse Bid schon bald ansteht.

Canelo Alvarez hat im Hinblick auf andere Medienberichte, sich bisher doch noch nicht endgültig entscheiden. Auf den IBF-Titel zu verzichte. Die Entscheidung steht allerdings schon am kommenden Donnerstag an.

Am kommenden Donnerstag steht der Versteigerungstermin in Springfield, New Jersey, USA, statt.

Canelo Alvarez ist immer noch der unangefochtene Champion im Supermittelgewicht, aber wie lange, bleibt abzuwarten.

Saul Canelo Alvarez wurde von der IBF angewiesen, als nächstes seine von der IBF vorgeschriebene Pflicht-Verteidigung gegen den relativ unbekannten William Scull, der beim deutschen Promoter Agon Sports unter Vertrag steht, durchzuführen, da die IBF im Rotationssystem, das zur Bestimmung der Reihenfolge der Pflichtherausforderer für vereinigten Champions verwendet wird, nun an der Reihe ist.

Wird Canelo Alvarez seinen IBF-Titel doch noch gegen Skull verteidigen oder gibt er am Donnerstag bekannt, dass er auf den IBF-Titel verzichtet?

Dem Team Canelo Alvarez wurde vor Kurzem eine Frist von 30 Tagen eingeräumt, um eine Einigung zu erzielen, bevor eine Börsengebots-Versteigerung (Purse Bid) angesetzt würde, doch das Skull-Team verlangte ein sofortiges Börsengebot, wozu es nach den IBF-Regeln berechtigt ist. Dieses ist für kommenden Donnerstag um 12 Uhr ET in den Büros der IBF in Springfield, New Jersey, USA, per Videokonferenz angesetzt.

Die Parteien könnten sich bis zu 15 Minuten vor Abgabe der Gebote eine Einigung finden, aber nur wenige glauben, dass der Kampf stattfinden wird – oder dass es überhaupt zu einer Gebots-Versteigerung kommt – und dass Canelo Alvarez den IBF-Titel aufgeben wird, weil ein Kampf mit Skull in der Öffentlichkeit nicht gefragt ist und somit wenig wirtschaftlichen Wert hat und Alvarez nicht dabei hilft, irgendein bestimmtes Ziel zu erreichen.

Entgegen den Gerüchten und Berichten, dass Alvarez den Titel aufgeben werde, sagte er jedoch, er habe noch keine Entscheidung darüber getroffen, was er vorhabe.

William Scull ist seit 2 Jahren der Pflichtherausforderer bei der IBF. Es wird also Zeit, dass die IBF dafür Sorge trägt, dass Skrull seinen WM-Kampf auch bekommt.

Der 33-jährige Saul ‚Canelo’ Alvarez Alvarez (61-2-2, 39 KO Siege) aus Mexiko, der gerade in Italien Urlaub macht, sagte am Montag gegenüber Fight Freaks Unite: „Noch habe ich keine Entscheidung getroffen.“

Der 31-jährige William Scull (22-0-0, 9 KO-Siege), ein gebürtiger Kubaner, der seit Jahren in Deutschland lebt, gewann einen Acht-Runden-Kampf via Punktsieg über Sean Hemphill mit 79-72, 78-73 und 76-75, nachdem er einen Deal abgeschlossen hatte, um am 4. Mai in der T-Mobile Arena in Las Vegas im Vorprogramm von Alvarez‘ Punktsieg über Jaime Munguia dabei zu sein. Leider wurde dieser Kampf nicht einmal in der TV-Berichterstattung des Alvarez vs. Munguia Kampfes gezeigt.

Seit einem Sieg über Evgeny Shvedenko in einem letzten Ausscheidungskampf im Juli 2022 ist Skull für die IBF obligatorisch, was heißt, dass er fast exakt seit zwei Jahren auf den von der IBF garantierten WM-Kampf wartet.

Seit Canelo Alvatez im November 2021 durch seinen KO-Sieg in der 11. Runde gegen Caleb Plant,  der erste und einzige Champion mit vier Gürteln in der Super-Mittelgewichtsklasse wurde, hat Alvarez seine unangefochtene Krone viermal erfolgreich verteidigt.

Diese vier Verteidigungen des unangefochtenen Titels sind mehr als bei jedem anderen Champion mit vier Gürteln, weil es einfach so schwierig ist, alle Titel zu behalten.

Quelle: Dan Rafael.

So verlief am Sonntag das großartige German Boxing Series-Debüt

Kevin Saszik vs. Halim Haxhijaj.
© Konstantinos Sarigiannidis

Mit Spannung wurde die große Debüt-Veranstaltung in der Kölner XPOST erwartet, die das Publikum restlos begeistern sollte!

Was bewegt Akteure 2024, in das deutsche Profiboxen zu investieren? Diese Frage müssen sich wohl einige Promoter von ihrem Steuerberater gefallen lassen. Doch zum Glück gibt es tatkräftige Visionäre, die den Boxsport lieben und mit Herz sowie Inbrunst fördern wollen. So auch die German Boxing Series, die am vergangenen Sonntag in Köln ihre Debütveranstaltung präsentiert haben. In der XPOST, einer exklusiven Location im Herzen von Köln, wollte die German Boxing Series zeigen, wie viel Potential eigentlich im deutschen Boxsport schlummert, welches konstant nicht abgerufen wird.

Komfortable Ausgangssituation beim Matchmaking

Das Ausschöpfen des Potentials sollte dadurch erreicht werden, dass man einerseits die sportlichen Kriterien stark bedient. Faire und ehrliche Kämpfe, bei denen keine Boxer nur zum Verlieren verpflichtet werden. Zudem wurden auch Kämpfer aus verschiedenen Kampfsport-Backgrounds im Boxen vereint, was das Zielpublikum breiter aufstellen ließ.

Diesen Ansatz konnte man bei fast allen Kämpfen am Sonntag auch begutachten, denn das Matchmaking war wirklich fantastisch! Das liegt auch daran, dass die German Boxing Series eine sehr komfortable Ausgangssituation besitzt, die klassische Promoter nicht haben. Normalerweise hat ein Promoter eine Reihe von Boxern im Portfolio und versucht, diese mit klugem und vorteilhaftem Matchmaking nach oben zu bringen; da bleibt die Ausgeglichenheit und Spannung gerne auf der Strecke. Bei der German Boxing Series gab es diese Verpflichtungen nicht, da die Boxer nicht langfristig unter Vertrag stehen und nur einzeln gebucht werden, was dem ambitionierten Matchmaking auch dienlich ist.

„Ich mache das seit 12 Jahren, und bei keinem Event war es so laut“

Neben der tollen sportlichen Komponente hatte die XPOST auch sehr viel zu bieten. So gab es beispielsweise einen Foodtruck, einen hochkarätigen VIP-Bereich und einen konstant spielenden DJ, die das Event facettenreich aufwerteten. Das Feedback war in diesem Bereich sehr positiv, weil sich die Boxsportfreunde in der XPOST auch abseits des Rings sehr wohl fühlten und die ambitionierten Gedankengänge der Ausrichter am Sonntag sahen und erlebten.

Vor Ort befand sich auch Boxen1-Fotograf Konstantinos Sarigiannidis, der seit 12 Jahren quer durch die Republik reist und immer wieder fotografisch die Events begleitet. Er schoss 7.000 Fotos, die er Boxen1 zur Verfügung stellte, und schwärmte authentisch über den Sonntag: „Das Event war super, es gab richtig viel Stimmung. Es waren viele Fußballfans in der Halle und die haben so laut gebrüllt! Ich mache das seit 12 Jahren, und bei keinem Event war es so laut wie bei diesem. Das hat richtig gehallt!“

Saszik und Haxhijaj liefern sich im Hauptkampf eine Schwergewichtsschlacht

Kevin Saszik vs. Halim Haxhijaj
© Konstantinos Sarigiannidis

Im Hauptkampf des großartigen Boxspektakels fanden die Schwergewichte Einzug. Auch wenn alle Gewichtsklassen ihren ganz speziellen Reiz besitzen, so zieht das Schwergewicht, die Königsklasse, in Deutschland immer noch am meisten. Leider sieht man in dieser Gewichtsklasse häufig auch unattraktive Kämpfe, weil die massigen Körper viel Sauerstoff benötigen, was sich auf die Workrate negativ auswirkt. Beim Kampf zwischen Kevin Saszik (8-0) und Halim Haxhijaj (5-2) war davon jedoch nur wenig zu sehen, denn beide gaben 8 lange Runden richtig Vollgas!

Kevin Saszik hat schon im Vorprogramm des deutschen Schwergewichtsstars Agit Kabayel (25-0) gekämpft und galt im Vorfeld als leichter Favorit. Er war deutlich größer als Halim Haxhijaj, doch da er zuvor nur schwächere Gegner geboxt hat, war es für ihn auch der erste wirklich große Highlight-Kampf seiner Karriere, den er zwingend gewinnen musste. Haxhijaj hingegen kam aus der ersten Profiniederlage, die er gegen den Boxgiganten Daniel Dietz (13-0) kassierte. Dennoch durfte man Haxhijaj nicht unterschätzen, weil er für ein Schwergewicht durchaus sehr explosiv wirkt und viel Kämpferwillen mitbringt, was auch am Sonntag in Köln sehr gut sichtbar war. Er wollte unbedingt keine zweite Niederlage erleiden und gab alles, um dies zu verhindern.

Haxhijaj früh am Boden – doch er fightet sich durch

Kevin Saszik vs. Halim Haxhijaj
© Konstantinos Sarigiannidis

Derweil verlief der Hauptkampf anfänglich sehr gut für Saszik. Er nutzte seine Reichweite geschickt im Rückwärtsgang und fing Haxhijaj gekonnt ab. Dieser wirkte etwas hölzern in seinen Angriffen. Immer wieder versuchte Haxhijaj, die Distanz mit überfallartigen Aktionen zu verkürzen, wobei er nicht selten auch mit dem Kopf etwas voranging. In der zweiten Runde landete Saszik dann einen richtig starken Lebertreffer, der Haxhijaj in die Knie zwang. Er stand zögerlich bei 9 auf und wirkte sichtlich angeschlagen, wodurch ein frühes Ende absolut greifbar erschien. Saszik versuchte dann die Gelegenheit mit weiteren Körpertreffern auszunutzen, die Haxhijaj jedoch noch irgendwie wegsteckte.

Wer nach den ersten zwei Runden dachte, dass der Hauptkampf leider sehr einseitig verlaufen würde, hat die Rechnung nicht mit dem Matchmaker der German Boxing Series, Tobias Brandes, gemacht. Saszik versuchte weiterhin, mit Körpertreffern Haxhijaj zu beeindrucken, doch dieser wurde von Minute zu Minute stärker. Immer wieder explodierte der kompakte Kosovare und konnte Saszik durchrütteln. Die Runden 3 und 4 gehörten tendenziell Haxhijaj, der Saszik zunehmend am Seil stellte und bearbeitete. In der fünften Runde war es dann aber wieder Saszik, der durch einen Körpertreffer Haxhijaj ins Wackeln brachte.

Der abwechslungsreiche und intensive Kampf bog in die Zielgeraden ein, und beide Boxer spürten schon das hohe vorherige Tempo. Haxhijaj duckte sich immer wieder und suchte Möglichkeiten zum Durchschnaufen, Saszik lehnte sich als größerer Mann auch dankend drauf, um ebenfalls Kräfte zu schonen. Doch auch in den hinteren Runden gab es immer wieder explosive Angriffe der beiden Boxer, wodurch stets etwas geboten war. In der achten und letzten Runde lag Haxhijaj tendenziell knapp zurück, weil er auch einen Niederschlag erlitten hatte. Er stürmte also noch einmal drei Minuten lang auf Saszik los, der teilweise mit harten Kontern reagieren konnte, aber die Abschlussrunde definitiv abgab.

Fehlendes Verlesen der Punkturteile als Manko

Am Ende stand die ganze XPOST in Köln nach diesen acht harten und intensiven Runden, in denen sich beide Boxer nichts geschenkt hatten. Es kam zum Punkturteil, welches mit Spannung erwartet wurde, da der Kampf sehr eng erschien. Haxhijaj war optisch angriffslustiger, was vielleicht mehr Eindruck hinterlassen hat, aber seine Aktionen waren häufig auch nicht sonderlich präzise. So werteten es scheinbar auch die Punktrichter, die einstimmig Saszik den Punktsieg zusprachen.

Hierbei muss man leider erneut eine deutsche Boxveranstaltung etwas kritisieren. Das nicht Verlesen der genauen Punkturteile ist leider eine gängige Unsitte in Deutschland. In anderen Teilen der Welt findet man das selbstverständlich nicht, wieso dann hier? Gerade bei so engen Kämpfen gehört es eigentlich zur Pflicht, die genauen Urteile zu verlesen. Es wirkt unprofessionell und teilweise etwas dubios, so einen tollen Hauptkampf einfach mit „einstimmiger Punktsieger“ abzutun. Es wäre wirklich wünschenswert, wenn man in der Zukunft die genauen Punkturteile verlesen könnte. Leider ist das seit Jahren ein leidiges Dauerthema in Deutschland.

Müller und Espana liefern sich einen hochklassigen Kampf auf Augenhöhe

Rico Müller vs. Ernesto Espana
© Konstantinos Sarigiannidis

Die beiden Schwergewichte im Hauptkampf lieferten sich eine tolle Materialschlacht, doch beide befinden sich eher am Anfang ihrer Profikarriere und wollen sich in der Szene noch etablieren. Im Co-Main-Event hingegen erfolgte ein Duell im Superweltergewicht zwischen Rico Müller (32-5-1) und Ernesto Espana (34-5-1). Müller kämpfte schon um den IBO-Titel gegen Jeremias Nicolas Ponce (31-1) und ist auf internationalem Parkett sehr erfahren. Der 42-jährige Venezolaner Espana hat ebenfalls eine internationale Vita vorzuweisen mit Titelkämpfen in Australien, China, Kanada oder auch Spanien. Entsprechend war Müller gewarnt, die „Krake“ aus Caracas nicht zu unterschätzen. Laut Boxrec-Angabe soll Müller etwas größer erscheinen, was Boxen1 in einem vorherigen Artikel ausschloss. Dies bewahrheitete sich auch im Ring; Espana war deutlich länger.

Die Reichweitenvorteile versuchte Espana auch gekonnt auszuspielen. Immer wieder schlug er Jabs und wartete auf den heranstürmenden Müller, der die Distanz verkürzen musste. Espana schlug zahlreiche Uppercuts als Konter, die aber zumeist das Ziel verfehlten. Müller war es hingegen, der immer wieder am Mann explodierte und harte Kombinationen schlug, wodurch er die erste Kampfeshälfte auch tendenziell bestimmte. Dennoch blieb Espana gefährlich. Er präsentierte sich konditionell, aber auch taktisch smart und bewegte sich trotz seiner 42 Jahre viel im Ring. In Runde 6 und 7 sollte es dann brenzlig für Müller werden, der absolute Volltreffer von Espana schluckte. Insbesondere in Runde 7 wackelte Müller bedenklich und war stark angeschlagen, doch der deutsche Routinier biss sich durch und überstand die schwierige Phase im Kampf.

Müller bekommt einen geteilten Punktsieg zugesprochen

Rico Müller – Ernesto Espana
© Konstantinos Sarigiannidis

Der sehr enge Kampf ging also in die achte und letzte Runde, wo für beide Boxer durchaus noch alles drin war. Das wusste auch Müller, der nochmal versuchte, trotz der vorherigen Wirkungstreffer Gas zu geben. Dies gelang zeitweise auch richtig gut, als Müller mit harten Powerpunches nochmal Espana zusetzte, der wiederum beim Schlagabtausch etwas weniger Erfolg verbuchen konnte. Insgesamt war es ein wirklich tolles Duell auf Augenhöhe, welches internationales Boxformat widerspiegelte.

Am Ende wird sich Espana ärgern müssen, dass er in der siebten Runde Müller nicht zu Boden schicken konnte, denn der Kampf ging auf die Scorecards. Dort wurde ein geteilter Punktsieg für Müller verkündet, leider erneut ohne genaue Wertungen. Auch hier wäre es absolut empfehlenswert und notwendig, die genauen Urteile zu verlesen, weil so ein enger Kampf das einfach verdient hat.

Beide Hauptkämpfe in Köln waren jedenfalls sehr spannend, intensiv und hochklassig.

Lambertz dominiert Altz im Supermittelgewicht

Marc Lambertz vs. Deniz Altz
© Konstantinos Sarigiannidis

Im Supermittelgewicht trafen Marc Lambertz (11-1) und Deniz Altz (15-14) aufeinander. Lambertz erlitt im März 2023 eine überraschende KO-Niederlage gegen den polnischen Journeyman Mariusz Biskupski (24-52), wodurch seine Karriere ins Wanken geriet. Doch er blieb weiterhin fleißig im Training und konnte sich ein Jahr später den WBF International-Titel gegen Patrick Rokohl (24-5) sichern. Dieser Erfolg gab Lambertz enorm viel Auftrieb und er möchte nun weitere Siege folgen lassen. Mit Altz stand ihm eine scheinbar sehr lösbare Aufgabe gegenüber, die sich aber überraschend tough in Köln erwies. Zunächst sorgte jedoch der Trainer von Lambertz, Rüdiger May, für Aufregung. Beim Verlassen des Ringes hat der ehemalige erfolgreiche Cruisergewichtsboxer die Standhaftigkeit der Technik vor Ort inspiziert.

Im Kampf selbst sollte eher Altz seine Standhaftigkeit beweisen müssen. Immer wieder kam die Schlaghand von Lambertz durch, der den Kampf dominierte. Altz versuchte beweglich zu bleiben und schlug immer wieder im Rückwärtsgang Konter, die aber kaum das Ziel trafen. Insgesamt wirkte er technisch nicht gerade versiert in seinen Aktionen. Rüdiger May gab während der Rundenpausen Lambertz immer wieder sehr leidenschaftliche Instruktionen, wobei er insbesondere den Uppercut forderte.

Lambertz konnte dies aber nicht zu 100 % umsetzen, denn Altz schleppte sich irgendwie über die vollen acht Runden. In Runde 7 war er zwar zwei Mal am Boden, was jeweils aber nicht angezählt wurde. Am Ende ging der einseitige Kampf auf die Scorecards, wo Lambertz wenig überraschend als Sieger ausgerufen wurde. Im Nachgang erklärte er: „Die Vorbereitung war bei mir sehr schwer, ich habe mich nach dem letzten Kampf nicht wirklich erholt. Die Schulter war problematisch und ich bin froh, dass ich überhaupt boxen konnte.“

Kampfsport-Influencer glückt das vorzeitige Profidebüt

Claudio Mirko Vizzini vs. Sylwester Zieba
© Konstantinos Sarigiannidis

Die German Boxing Series hatte jedoch auch abseits der klassischen Profiboxer noch einiges zu bieten. So trafen Fighter aus verschiedenen Kampfsportarten in Köln aufeinander, um sich im Boxen zu messen. Besonders hervorzuheben ist aber das Profidebüt von Claudio Mirko Vizzini (1-0). Bekannt als „claudio.athlet“ auf Instagram und TikTok, erreicht er mit seinen Kampfsportvideos ein Millionenpublikum. Vizzini wollte sich nun im Profiboxen beweisen und konnte auf die tatkräftige Unterstützung seiner Fans vor Ort zählen, darunter auch der Sänger Pietro Lombardi. Ursprünglich war ein Kampf gegen einen Bare-Knuckle-Fighter geplant, doch dieser kam nicht zustande. Stattdessen fand man im Polen Sylwester Zieba (2-9) einen Ersatzgegner, der als klassischer Aufbaugegner galt.

Dennoch durfte man Zieba nicht unterschätzen, da er bereits zehn Profikämpfe im Boxen bestritten und auch MMA-Erfahrung gesammelt hatte. Entsprechend brachte er eine Erfahrung mit, die Claudio in dieser Form nicht hatte. Die erste Runde des Weltergewichtskampfes verlief ausgeglichen und spannend. Beide Boxer versuchten im Infight, harte Kombinationen zu landen, was ihnen auch gelang. Insbesondere Zieba wirkte sehr gefährlich in seinen Aktionen, die Claudio teilweise klar trafen. Der Debütant zeigte sich jedoch unbeeindruckt und konnte in der zweiten Runde Zieba zu Boden bringen. Dieser bewies Kampfsporterfahrung und nahm sich Zeit beim Aufstehen. Dies half jedoch nur bedingt, denn Claudio setzte entscheidend nach und schlug Zieba insgesamt dreimal zu Boden, womit der Kampf in der zweiten Runde endete.

Für Claudio bedeutete dies ein gelungenes Profidebüt, und seine Anhängerschaft war ebenfalls begeistert. Er sagte zum Kampf: „Meine Art ist immer, vorwärts zu marschieren. Die Trainer haben gesagt, geh die Sache ruhig an, aber sobald ich einmal hier drin war, wollte ich einfach nach vorne gehen!“

MMA-Fighter geht prompt KO

Robert Gans vs. Taifun Yavuz
© Konstantinos Sarigiannidis

Der MMA-Kämpfer Robert Gans (0-1) gab ebenfalls sein Profidebüt in Köln. Er trat im Halbschwergewicht gegen Taifun Yavuz (1-1) an. Gans hatte sich leider eine schwerwiegende Kreuzbandverletzung zugezogen, wodurch der anspruchsvolle Bodenkampf im MMA kaum mehr realistisch für ihn erschien. Entsprechend wollte er sich nun in der Standdisziplin, dem Boxen, beweisen. Mit Yavuz wartete ein Mann, der vor neun Jahren einen Profikampf in Spanien bestritt, den er damals jedoch verlor. Dennoch galt es, Yavuz nicht zu unterschätzen, der körperlich in bester Verfassung antrat.

Schnell bekam dies auch Gans zu spüren. Beide Athleten landeten gute Aktionen und erzeugten einen dynamischen Beginn. Nach zwei Minuten fand der Kampf jedoch ein überraschend jähes Ende. Yavuz landete in der Nahdistanz einige schöne Treffer, der Ringrichter wollte wohl kurz dazwischengehen, doch Gans begann benommen durch den Ring zu taumeln und in die Seile zu fallen. Es entstand etwas Irritation, da der Ringrichter nicht sofort handelte. Es war aber klar ersichtlich, dass Gans schwer angeschlagen war und nicht mehr kampffähig erschien. So musste der Ringrichter nach kurzer Überlegung den Kampf folgerichtig abwinken. Für Gans war das ein Kampf zum Vergessen. Er hatte einen deutlich hörbaren Support vor Ort, der sicherlich maximal enttäuscht vom Ausgang war.

Barakat liefert ein starkes Comeback nach 6 Jahren Boxabstinenz

Bihes Barakat vs. Cristian Avila
© Konstantinos Sarigiannidis

Ein weiteres sportliches Highlight wurde im Leichtgewicht geboten. Im weltweiten Kontext eine der heißesten Gewichtsklassen aktuell im Boxen, hat es in Deutschland einen schweren Stand und ist gewiss unterrepräsentiert. Bihes Barakat (26-2-1) und Cristian Avila (18-14-1) zeigten eindrucksvoll, weshalb das so schade ist. Barakat wurde im Oktober 2007 IBF Juniorenweltmeister und kämpfte sieben Jahre später im Rahmenprogramm von Wladimir Klitschko. Er ist also ein talentierter und renommierter Kämpfer, der jedoch in den letzten sechs Jahren keinen Profiboxkampf bestritten hat. Einen leichten Aufbaugegner konnte er jedoch bei der German Boxing Series nicht erwarten, da dies nicht zum Konzept passt. So stellte sich Barakat dem gefährlichen Venezolaner Cristian Avila, der bereits gegen zahlreiche starke Gegner bewiesen hat, dass er sportlich mithalten und gefährlich sein kann.

Entsprechend war Barakat gewarnt und musste von Beginn an voll da sein, was er auch durchaus tat. Beide Leichtgewichte zeigten in Runde 1 ein hohes Tempo und schenkten sich nichts. Avila bewies ein gutes Auge und schlug harte Powerpunches aus verschiedenen Winkeln, wodurch er die erste Runde tendenziell auch für sich entscheiden konnte. Barakat hielt jedoch weiterhin die Intensität hoch und konnte Avila zunehmend in den Rückwärtsgang drängen. Obwohl Avila durchaus fähig ist, auch aggressiv zu kämpfen, beschränkte er sich überwiegend auf starke Kontergelegenheiten im Rückwärtsgang, da Barakat selbst sehr aggressiv und forsch auftrat. Das lief auch sehr ordentlich, und die ersten drei Runden waren eng und äußerst ansprechend. Die Zuschauer bekamen aufgezeigt, was die niedrigen Gewichtsklassen als Reiz zu bieten haben: hohes Tempo, starke Schlagfrequenz und geschmeidige Bewegungen.

Barakat: „Ich bin einfach nur froh, dass in Köln mal wieder was Vernünftiges stattfindet“

Avila baute jedoch spätestens in den Runden 5 und 6 konditionell ab, was sich auch daran bemerkbar machte, dass er konstant seinen Mundschutz in der Rundenpause „vergessen“ hat, eine Form des Zeitschindens. Zuvor gab es auch schon einen Kopfstoß von seiner Seite, wofür er einen gerechten Punktabzug kassierte. Insgesamt war Barakat der aktivere und frischere Mann in der Endphase, der auch mehr Akzente setzen konnte. Es war eine erstaunlich gute Leistung von ihm, was man nach der langen Pause gegen solch einen gefährlichen Gegner nicht zwingend erwarten musste. Das sahen die Punktrichter genauso, die den Kampf mit 3x 59-55 einstimmig an Barakat werteten. Komischerweise wurden bei dem Kampf die genauen Scores verlesen.

Mit dieser Leistung wünscht man sich ein baldiges Wiedersehen von Barakat im Ring, der eindrucksvoll bewiesen hat, dass er 2024 weiterhin über ein sehr hohes Niveau verfügt. Nach dem Sieg sagte er: „Ganz ehrlich, das hat so viel Bock gemacht. Ihr habt gesehen, ich habe zwischendurch mit dem Gegner geredet. Ich hatte einfach nur Bock zu kämpfen. Ich kann es, und wenn ich Bock habe, dann mache ich es auch!“ Und er führte weiter aus: „Ich fühle mich top, habe ein geiles Team hinter mir, ein geiles Publikum. Und ich bin einfach nur froh, dass in Köln mal wieder was Vernünftiges stattfindet, wo man auch guten und ambitionierten Boxern eine Plattform bietet.“

Aksakal gewinnt vorzeitig einen unausgeglichenen Aufbaukampf

Malik Aksakal vs. Laszlo Fekete
© Konstantinos Sarigiannidis

Insgesamt wurden 11 Kämpfe geboten, und es ist zwangsläufig so, dass auch mal ein Kampf nicht zündet. Dies war beispielsweise beim Superweltergewichtsduell zwischen Malik Aksakal (13-2) und Laszlo Fekete (22-24-2) der Fall. Aksakal kam aus einer Niederlage und bekam entsprechend mit Fekete einen Aufbaugegner. Der Ungar, der den Kampfnamen „Little Tyson“ trägt, entpuppte sich jedoch als sehr überschaubarer Gegner.

Aksakal landete aus der Distanz immer wieder schöne, gerade Hände, die Fekete durchrüttelten und auch zu Boden schickten. In Runde 1 sowie 2 war dies jeweils einmal der Fall. In der dritten Runde des einseitigen Kampfes war es ebenfalls der Fall, und Aksakal landete einen vernichtenden Treffer aus der Distanz. Zwar bewies Fekete durchaus Kämpferherz und stand immer wieder nach Niederschlägen auf, doch das Handtuch kam dann auch in Runde 3 geflogen – die Ecke hatte genug gesehen. Damit begibt sich Aksakal wieder auf die Gewinnspur, doch sein Kontrahent hatte nicht die ausreichende Qualität, um ihm wirklich etwas abzuverlangen. Das ist auch etwas schade, weil die restlichen Kämpfe wirklich fast alle auf Augenhöhe stattfanden. Allerdings gibt es immer wieder dynamische Prozesse beim Matchmaking durch Absagen etc., wodurch man häufig auch nicht die Paarungen realisieren kann, die man zuvor im Sinn hatte.

Zwei K1-Fighter schenken sich im Boxen nichts

Niklas Pupp vs. Furkan Celik
© Konstantinos Sarigiannidis

Mit Niklas Pupp (1-0) und Furkan Celik (0-2) lieferten sich noch zwei K1-Fighter im Boxen ein Duell auf Augenhöhe. Für Pupp bedeutete dies sein Profidebüt, während Celik schon einmal im Ring gestanden hat, aber natürlich dennoch im Boxen noch ziemlich unerfahren war. Grundsätzlich gehört das Boxen auch zu den K1-Elementen, aber die Feinheiten dieser beiden Sportarten sind schon grundsätzlich anders, was man auch alleine beim Stand der Kämpfer beobachten kann. Entsprechend spannend war es zu sehen, welcher der beiden Athleten besser die Spezialdisziplin Boxen adaptieren kann und entsprechend auch der vielseitigere Fighter ist.

Wer der bessere Fighter an dem Abend war, lässt sich nicht einfach so sagen. Es war wirklich ein sehr ansprechendes und ausgeglichenes Duell im Weltergewicht. Pupp kam etwas besser in den Kampf rein und konnte mehr Powerpunches in der ersten Runde landen, wodurch es tendenziell auch seine Runde war. Celik erhöhte hingegen den Druck in der zweiten Runde. Allgemein ging es die ganze Zeit schön hin und her, wodurch es auf den Scorecards entsprechend eng verlief nach diesen vier munteren Runden. Exemplarisch konnte man die vierte Runde heranziehen, wo beide nochmal alles gaben. Celik landete zahlreiche wirklich schöne Uppercuts, die Pupp jedoch konstant nahm und selbst Gegenangriffe initiierte. Der Kampf wurde schlussendlich auf den Scorecards entschieden, wo etwas überraschend Pupp der Arm einstimmig gehoben wurde. Ein Unentschieden wäre sicherlich auch nicht verkehrt gewesen, aber die Punktrichter sahen in Pupp den etwas besseren Boxer an dem Abend.

Der Favorit Ando Hakob gewinnt seinen Kampf überraschend nicht

Andranik Hakobyan vs. Ferenc Katona
© Konstantinos Sarigiannidis

Im ersten Profikampf des Abends trafen im Supermittelgewicht Andranik Hakobyan (17-1-3) und Ferenc Katona (12-16-4) aufeinander. Der Kampf, der etwas überraschend auf die Card gelangt war, entpuppte sich als Highlight. Hakobyan, auch als Ando Hakob bekannt, galt als klarer Favorit. Er hatte bereits Titelkämpfe in seiner Karriere gewonnen, darunter die Schweizer Meisterschaft. Mit nur einer Niederlage in 20 Profikämpfen wurde er im Oktober für einen Kampf in der Rudolf Weber-Arena in Oberhausen gegen den Ex-Weltmeister Austin Trout (37-5-1) verpflichtet, der zuletzt auch den BKFC-Titel gewonnen hatte. Hakobyan musste jedoch wegen einer Schulterverletzung absagen und war fast zwei Jahre inaktiv. Mit Katona kam nun ein scheinbar unscheinbarer Ungar, der aber alles von Hakobyan abverlangte.

Zunächst sah es danach aus, als würde Hakobyan seiner Favoritenrolle gerecht werden. Er zeigte ein technisch besseres Boxen mit guten Jabs und präzisen Powerpunches, die Katona durchrüttelten. Doch Katona blieb bissig und erhöhte von Runde zu Runde seine Schlagfrequenz. Nach einem guten Beginn Hakobyans wurde der Kampf ab der dritten Runde sehr ausgeglichen. Hakobyan bewegte sich immer weniger, ließ sich von Katona häufig am Seil fixieren und bearbeiten. Zwar gingen viele Kombinationen auf die Deckung oder trafen nur unsauber, doch Katonas dauerhafte Offensive hinterließ Eindruck. Insgesamt war es ein sehr enger Kampf, in dem Katona mehr investierte. In der Physis schien Hakobyan einfach nicht perfekt aufgestellt zu sein, was sicherlich auch an der fehlenden Matchpraxis lag. Katona war so ein unbequemer Gegner, dass Hakobyan mit 80 oder 90% Leistungsfähigkeit nicht gewinnen konnte.

So sahen es auch die Punktrichter, die den Kampf 3x 57-57 werteten, was ein Unentschieden bedeutete. Es war die erste große Überraschung in Köln und zeigte, dass es keine leichten Kämpfe an dem Abend geben würde. Für Katona war das Resultat ein Erfolg, weil er sich mit seiner fleißigen und harten Kampfführung belohnen konnte.

Stadionfeeling im Boxen

Marco „Macce“ Korth vs. Marvin Conrad.
© Konstantinos Sarigiannidis

Neben 9 tollen Profikämpfen gab es zu Beginn der Veranstaltung noch 2 weitere Kämpfe, die im 3×2 Minuten-Modus ausgefochten wurden. Hierbei traten auch leidenschaftliche Anhänger des 1. FC Köln an, die entsprechenden Support in die XPOST mitbrachten. Die lautstarken Anhänger sorgten für eine atmosphärische Kulisse und brachten Stadionfeeling in die Halle, was sich die German Boxing Series herbeigesehnt hatte.

Zum einen trat Marco „Macce“ Korth gegen Marvin Conrad an. Korth ist als glühender Anhänger des 1. FC Köln bekannt und hat auch ein bekanntes Tattoo-Model als Ehefrau. Mit lautstarkem Support im Rücken machte er früh viel Druck im Kampf und versuchte, Conrad zu überrennen. Dieser agierte überwiegend im Rückwärtsgang und war sehr defensiv eingestellt. Vermutlich ließ er sich von der defensiven Boxweise von Leichtgewichtler Shakur Stevenson inspirieren. Leider konnte Korth dadurch weniger harte Hände ins Ziel bringen, weil Conrad viel unterwegs war, was sicherlich Korth etwas frustrierte. Am Ende gewann Korth alle Runden.

Jay Schmitt vs. Rene Peters.
© Konstantinos Sarigiannidis

Im zweiten Duell trafen Jay Schmitt und Rene Peters aufeinander. Auch bei diesem Schwergewichtskampf war die Rollenverteilung ähnlich. Schmitt ging als enorm muskulöser und bulliger Mann stets nach vorn, während Peters versuchte, mit seinen Reichweitenvorteilen im Rückwärtsgang zu boxen. Schmitt konnte im Vorwärtsgang zahlreiche harte Hände ansetzen, die Peters schmerzten und ihm die Luft raubten. In der dritten Runde wurde Peters dann zweimal angezählt, blieb aber zäh und schaffte es über die Distanz, was sicherlich ein Erfolgserlebnis für ihn darstellte. Auch hier gewann Schmitt jede Runde.

German Master Boxing Series

Die beiden Kämpfe fanden im Zuge der neu eingeführten German Master Boxing Series statt. Die Premierenveranstaltung lädt am 8. Juni in der Boxfabrik in Pulheim ein, wo nebenbei auch einige Profikämpfe ausgetragen werden. Marco Korth und Jay Schmitt werden dort für ihre beiden Siege auch den Gürtel zur Cologne Masters Box Championship erhalten.

Fight24 präsentiert sich erneut als verlässlicher Übertragungspartner

Die GBS1 im Fight24 PPV.

Die Übertragungssituation im deutschen Boxen stellt eine große Herausforderung dar. Die Zeiten von hochdekorierten TV-Verträgen im öffentlichen Rundfunk sind lange vorbei, und auch die Privatsender haben das Interesse am Boxsport verloren. Dies hat zur Folge, dass die Sportart praktisch keine Repräsentation mehr im Fernsehen erfährt. Das ist ein schwerer Schlag für die Sichtbarkeit und Popularität des Boxsports, aber im Streamingzeitalter auch eine Chance, sich dort entsprechend zu positionieren. Besonders die jüngere Generation nutzt Streaming-Dienste intensiv, während das traditionelle Kabelfernsehen zunehmend an Relevanz verliert.

Ein bedeutender Akteur in der deutschsprachigen Kampfsportlandschaft ist seit einigen Jahren Fight24. Der Streaming-Dienst berichtet aus den Kampfsportarenen Deutschlands, Österreichs und der Schweiz und bringt das Arenafeeling nach Hause. Auch die Veranstaltung am Sonntag wurde exklusiv weltweit von Fight24 gestreamt und dies ohne technische Komplikationen. Selbst die unerwartete Attacke von Rüdiger May konnte die Übertragung nicht beeinträchtigen. Ein kompetentes und sympathisches Kommentatoren-Duo, bestehend aus Mark Bergmann und Philipp Haarburger, führte durch den Abend. Haarburger, der normalerweise beim MMA-Giganten Oktagon moderiert, wurde zusätzlich von der German Boxing Series verpflichtet und trug zur Veranstaltung sehr gewinnbringend bei.

Es ist sehr erfreulich, dass sich Fight24 immer weiter in der deutschen Kampfsportszene etabliert und das Zuhause der wahren Fans darstellt, die sich nach gutem und ehrlichem Kampfsport im deutschsprachigen Raum sehnen.

Sehnsucht nach einer zweiten Auflage der German Boxing Series

Wenn man sich als Boxsportfreund die Kämpfe am Sonntag in Köln angeschaut hat, da ging einem wirklich das Herz auf. Tolle und spannende Kämpfe, die fair geführt wurden und man nicht krampfhaft irgendwelche eigenen Schützlinge bevorteilen möchte. Das Konzept mit den verschiedenen Facetten war sehr gewinnbringend. K1-Fighter, MMA-Fighter, lokale und gestandene Profiboxer, Kampfsport-Influencer und Kurvengänger des 1. FC Kölns, alles war geboten. Und nicht auf einer sehr trashigen und unangenehmen Art und Weise, sondern durchaus dem Kampfsport Mehrwert bietend. Zudem hat die German Boxing Series mit der Location und ihrer Ausstattung sicherlich nochmals das Boxerlebnis entscheidend aufgewertet. Dies konnten auch zahlreiche Prominente vor Ort bestaunen. Es gab eine wilde Mixtur an bekannten Gesichtern, die restlos zufrieden waren. Agit Kabayel, Felix Sturm, Christina Hammer, Tyron Zeuge, Moritz Müller, Pietro Lombardi oder auch Twenty4Tim, alle waren sie in Köln vor Ort – und noch viele mehr.

Abschließend kann man nur hoffen, dass nach der Analyse sich die German Boxing Series bestätigt sieht, eine zweite Veranstaltung auf die Beine zu stellen. Das Konzept ist sehr interessant und tut dem teilweise angestaubten deutschen Boxsport sichtlich gut. Es wäre wirklich ein toller Mehrwert, wenn die German Boxing Series sich in Deutschland etablieren würde. Vielleicht schafft man es dann auch noch, einen international hochangesehenen Hauptkampf auf die Beine zu stellen, damit noch mehr Aufmerksamkeit erreicht wird. Aber eines ist nach der Debütveranstaltung sicher: Bei der German Boxing Series ist jeder Kampf ein echtes Highlight!

Sämtliche Kämpfe werden noch kostenlos auf Fight24 hochgeladen

Das Event wurde am Sonntag im PPV-Livestream auf Fight24 übertragen. Wer sich die Kämpfe allerdings kostenlos anschauen möchte, dem sei gesagt, dass Fight24 so kulant auftritt, dass sämtliche hochklassige Fights kostenlos und zeitnah hochgeladen werden. Hierfür lohnt sich ein Blick beispielsweise auch auf den YouTube-Kanal. Mit einem kostenlosen Abonnement verpasst man kein Hochladen mehr.

Nachtrag:

 

 

Boxpodcast 472 – War das der Untergang von Deontay Wilder?

Boxpodcast ­­– powered by BOXEN1!

Die Zukunft von Ex-Weltmeister Deontay Wilder ist unklar, nachdem er eine schwere K.o.-Niederlage gegen Zhilei Zhang erlitten hat. Wird der 38-Jährige seine Boxhandschuhe an den Nagel hängen? Im Vorfeld des Kampfes deutete der „Bronze Bomber“ dies nach einer Niederlage an.

Bisher kein Kommentar von Wilder zu seiner Zukunft

Hat Zhilei Zhang die Box-Karriere von Ex-Weltmeister Deontay Wilder beendet? In der Nacht zu Sonntag besiegte Zhang in der Kingdom Arena von Riad (Saudi-Arabien) seinen 38-jährigen Gegner vorzeitig durch technischen Knockout in Runde fünf. Der 41-jährige Chinese schickte Wilder krachend zu Boden, der auf wackligen Beinen wieder aufstand. Darauf beendete Ringrichter Kieran McCann das ungleiche Schwergewichtsduell.

Für den „Bronze Bomber“ Wilder ist dies die zweite Pleite in Folge nach der Punktniederlage gegen Joseph Parker im Dezember 2023. Der US-Amerikaner war von 2015 bis 2020 WBC-Champion, doch nun erhält wohl nur „Big Bang“ Zhang einen weiteren großen Fight.

Rückblick:

Daniel Dubois vs. Filip Hrgovic

Dmitrii Bivol vs. Malik Zinad

Deontay Wilder vs. Zhilei Zhang

 Vorschau:

Osleys Iglesias vs. Evgeny Shvedenko

Steven Butler vs. Patrice Volny

Michael Hunter vs. Cassius Chaney

Christian Thun vs. Onoriode Ehwarieme

Adrien Broner vs. Blair Cobbs

News:

Nach Magengeschwür bei Mike Tyson: Kampf gegen Jake Paul wird verschoben!

Ringlife Combat Series steigt am 8. Juni in der Motorworld Köln.

Das Rematch zwischen Oleksandr Usyk und Tyson Fury findet am 21. Dezember in Saudi-Arabien (Riad) statt.

WBC International Championship: Roman Fress vs. Yasin Basar am 28. Juni in Magdeburg.

Mehr Informationen zum Boxpodcast: http://boxpodcast.de/wordpress/

Foto: Hatmanstrikesback, Bearbeitung: Boxpodcast

Serhat Parlak und Yusuf Düskün sind neue deutsche Meister

Serhat Parlak bezwingt Raphael Rogers und ist neuer deutscher Meister im Supermittelgewicht. Quelle: Serhat Parlak Instagram

Am Freitag fand eine UGRO-Boxveranstaltung statt. In den beiden Hauptkämpfen ging es um die altehrwürdige deutsche Meisterschaft.

Das UGRO-Boxteam war in den letzten Jahren fleißig und präsentierte auch am Freitag eine Veranstaltung. Im Ebertbad in Oberhausen fand nämlich die inzwischen sechste UGRO-Gladiatoren-Nacht statt. Für das Event hatte man sich etwas Spezielles ausgedacht und gleich einen Double-Header auf die Beine gestellt, um die altehrwürdige deutsche Meisterschaft des BDB. Das UGRO-Boxteam besitzt sehr viel Sympathie und auch Hochachtung vor dem klassischen Weg im Profiboxen. Über eine nationale Meisterschaft soll man sich auf europäischem Niveau bei der EBU beweisen und danach eventuell noch bei den großen vier Weltverbänden vorstellig werden – so lautet die konzipierte Marschroute. Mit den beiden deutschen Meisterschaften hat man einen Grundstein gesetzt, der hoffentlich das Fundament für eine große internationale Karriere legen wird.

Serhat Parlak brilliert und wird neuer deutscher Meister

Im Hauptkampf des Abends ging es in das Supermittelgewicht, wo Serhat Parlak (6-0) die Gelegenheit erhielt, zum ersten Mal im Profibereich um einen Titel zu kämpfen. Parlak, der schon bei den Amateuren für Oberhausen aktiv gewesen ist, gehört zu den ganz spannenden Eigenwuchs-Personalien des UGRO-Boxteams. Derweil kennt Parlak nur zu gut den süßen Geschmack des Titelerfolges, denn er war ein durchaus hoch dekorierter Amateurboxer. 2019 wurde er deutscher U22-Meister und kämpfte für die deutsche Nationalmannschaft. Der smarte Parlak wurde zudem auch während seiner Studienzeit deutscher Hochschulmeister. Nun bekam er am Freitag die Gelegenheit, auch bei den Profis sein Können zu präsentieren und zu vergolden.

Auf der Gegenseite stand mit Raphael Rogers (5-2) ein 37-jähriger Schweinfurter, der als Underdog in den Kampf ging. Rogers war zuletzt nur noch selten aktiv, bekam unverhofft die Gelegenheit, um den Meistertitel zu boxen, und wollte alles in Oberhausen geben, um diese große Chance erfolgreich zu nutzen.

Parlak ist überglücklich nach dem Erhalt der deutschen Meisterschaft

Serhat Parlak mit seinem Coach&Bruder.

Zunächst sah es auch nicht so schlecht für Rogers aus. Häufig beginnen solche wertigen Titelkämpfe damit, dass sich die beiden Boxer etwas beschnuppern und auch belauern. So ähnlich verlief es auch beim Hauptkampf in Oberhausen. Parlak war dennoch in der ersten Runde der bestimmende Mann, der gute Jabs schlug, auch immer wieder zum Körper. Wenn Rogers in die Nahdistanz ging und versuchte, Powerpunches anzubringen, dann reagierte Parlak blitzschnell und konterte in die Aktionen hinein. Insgesamt war Parlak einige Male klar durchgekommen, wodurch Rogers gewarnt war. Recht zügig in Runde 2 kam Parlak dann hart durch. Rogers fiel in die Seile und taumelte dort etwas. Parlak schlug dann noch nach, obwohl der Ringrichter hätte dazwischen gehen müssen. Rogers wurde erstmalig angezählt, es folgten wenig später noch zwei weitere Niederschläge, und der Titelkampf war dann auch in Runde 2 beendet.

Oberhausen konnte leider keinen langen und intensiven Hauptkampf betrachten. Parlak hat die Gelegenheit früh genutzt und den Sack zugemacht, was für seine Qualität spricht. Er ist ein exzellent ausgebildeter Boxer, der im Profibereich auch eine sehr gute Zukunft haben kann. Die deutsche Meisterschaft ist hierbei nur eine Zwischenstation. Man darf gespannt darauf blicken, wie Parlak sich in den kommenden Kämpfen präsentieren wird. Er gehört zu den spannenden Personalien des deutschen Profiboxens.

Nach dem Kampf bekam Boxen1 noch kurz die Gelegenheit, mit Parlak zu sprechen, der euphorisch zum Erhalt des Titels sagte: „Es war eine sehr harte achtwöchige Vorbereitung. Wir wussten, was auf uns zukommt. Der Gegner war auch physisch stark. Ich habe mich gewundert, wie viel er an einem Tag zugelegt hat. Ich habe mich sehr gut gefühlt, das Publikum hat mir sehr viel Energie gegeben. Das habe ich zum Vorteil ausgenutzt. Die erste Runde hat angefangen und ich habe geguckt, wo sind die Lücken des Gegners, worauf reagiert er? Dann hat mein Coach, der auch mein Bruder ist, einen sehr guten Tipp gegeben. Ich bin in die zweite Runde gegangen und habe es sofort umgesetzt und der KO ist einfach gekommen. Nach dem Kampf war ich total erleichtert.“

Serhat war es zudem besonders wichtig, noch an das Leid in Gaza zu erinnern und widmete den Titel und den Sieg „an alle Opfer in Gaza, in Palästina“, um darauf noch einmal aufmerksam zu machen.

Düskün krönt sich ebenfalls zum deutschen Meister

Neuer deutscher Meister im Weltergewicht, Yusuf Düskün.
Foto: Devad Handanovic

Im zweiten Titelkampf des Abends standen sich Yusuf Düskün (12-0) und Orhan Gülsen (7-1) um die deutsche Meisterschaft des BDB im Weltergewicht gegenüber. Düskün, der abseits des Ringes als Friseur sein Geld verdient, kämpfte zuletzt im Mittelgewicht und musste viel Gewicht verlieren, um das Gewichtslimit zu erreichen. 7 kg sollen es in den letzten Tagen gewesen sein, entsprechend froh war er darüber, dass er um diesen Titel im Weltergewicht antreten konnte. Mit Gülsen traf er auf einen 19-jährigen Kölner, der zwar jeden Kampf vorzeitig gewinnen konnte, aber dennoch einen relativ leeren Rekord vorzuweisen hatte. Entsprechend galt Düskün auch als klarer Favorit im Vorfeld.

Gülsen versteckte sich im Titelkampf keineswegs. Er versuchte von Beginn an einiges, doch das richtige Distanzgefühl war selten da. Düskün erschien technisch eine ganze Spur besser, was er auch mit guten Aktionen unterstrich. Dennoch blieb sich Gülsen treu und landete immer wieder Schläge, auch zum Körper, was seine Kämpfermentalität unterstrich. Zudem stand seine Doppeldeckung gut, was Düskün dazu verleitete, mehr arbeiten zu müssen. Gülsen bekam mit der Zeit aber zunehmend konditionelle Probleme, wodurch er zum Ende der dritten Runde schon im roten Bereich war. Hinzu kamen auch gute Treffer von Düskün, die ihm zunehmend die Luft raubten. Gülsen versuchte in der vierten Runde noch einiges, ging danach aber zweimal zu Boden, woraufhin das Handtuch geworfen wurde.

Caliskan lässt technisch einen toughen Dmitrovic verzweifeln

Mert Caliskan
Quelle: UGRO-Boxteam

Im Superleichtgewicht fand zudem der Kampf zwischen Mert Caliskan (5-0) und Marko Dmitrovic (11-13-1) statt. Caliskan war ein guter Amateur, hat weit über 100 Kämpfe bestritten und auch an internationalen Wettbewerben teilgenommen, wie beispielsweise der Europameisterschaft 2022 in Armenien. Zuletzt kämpfte er in der MHP Arena in Ludwigsburg im Vorprogramm von Felix Sturm, live auf DAZN. Entsprechend ist er ebenfalls eine interessante Personalie, die das UGRO-Boxteam akribisch aufbaut.

Er traf nun mit Dmitrovic auf einen zähen Kontrahenten, was man auch direkt beim Kampf beobachten konnte. Caliskan war der bestimmende Boxer, der einen technisch guten Auftritt präsentierte. Immer wieder ließ er Dmitrovic ins Leere schlagen und reagierte mit blitzschnellen Aktionen, die das Publikum begeisterten. Die Stimmung in Oberhausen war sehr gut, da sich zahlreiche Unterstützer von Caliskan versammelt hatten. Die Stimmung wurde von Runde zu Runde besser, da Caliskan zu überzeugen wusste. Dmitrovic konnte technisch nicht mithalten. Ein gravierender Unterschied war die Geschwindigkeit bzw. die Explosivität, wodurch Caliskan deutlich mehr Erfolg verbuchen konnte. Irgendwann sah man auch die Frustration Dmitrovic an, der in Runde 3 durch eine Unsportlichkeit einen Punktabzug erhielt. Dennoch blieb er bis zum Schluss tapfer und suchte seine Chance, obgleich sich diese nicht mehr einstellen sollte. Wenig überraschend bekam Caliskan nach den sechs dynamischen Runden einen einstimmigen Punktsieg zugesprochen.

Er hat bewiesen, dass er über technische Feinheiten verfügt, allerdings könnte sein etwas geringer Punch womöglich ein Hemmnis für die weitere Karriere bedeuten.

Frauenpower beim UGRO-Boxteam

Madeleine Mohrhardt.
Quelle: UGRO-Boxteam

Auch weibliche Athletinnen konnten an dem Abend in Oberhausen bestaunt werden. Zum einen traf Madeleine Mohrhardt (5-0) auf die Ungarin Orsolya Moldovan (1-3). Mohrhardt ist ein echter Hingucker und hat nebenbei einen Bachelor in Sportpsychologie sowie etliche Pferde, die sie liebevoll umsorgt. Liebevoll ist Mohrhardt im Ring eher weniger, das sollte auch Moldovan zu spüren bekommen. Mohrhardt bewegte sich gut, bewies eine umsichtige Defensive und agierte auch viel mit dem Einsatz der Schulter. Nach einem ausgeglicheneren Beginn war es dann überwiegend Mohrhardt, die erfolgreiche Angriffe initiierte, wodurch sie auch den einstimmigen Punktsieg zugesprochen bekam.

Im Superleichtgewicht war dann zudem noch die ehemalige UFC-Fighterin Mandy Böhm (4-0) aktiv, die auf die Georgierin Mariami Nutsubidze (1-6) traf. Die 34-jährige Böhm verfügt über eine Menge Kampfsporterfahrung und hat sich im vergangenen Jahr entschieden, ihre internationale MMA-Karriere zu beenden und nach Gelsenkirchen zu ziehen, wo sie das Monster-Kampfsportgym betreibt und nebenbei an ihrer Profiboxkarriere arbeitet. Es war ihr vierter Kampf seit November, doch Nutsubidze entpuppte sich nicht als adäquate Gegnerin. Früh wackelte die Georgierin und wirkte völlig überfordert mit Böhm, wodurch der Ringrichter den Kampf auch prompt abwinken musste. Auch wenn Böhm noch nicht lange im Profiboxen aktiv ist, so hätte man ihr zwingend eine wehrhaftere Gegnerin gegenüberstellen müssen. Das war sinnlos.

Die weiteren Kämpfe der Undercard

Ugur Kadam.
Quelle: UGRO-Boxteam

Im Halbschwergewicht trafen Ugur Kadam (8-0) und Istvan Kiss (25-43) aufeinander. Kadam hatte eine längere Pause und meldete sich im Januar erfolgreich bei einer größeren Universum-Veranstaltung zurück. Gegen Kiss wollte er ein Feuerwerk abbrennen in Oberhausen, doch Kiss erlitt in der ersten Runde einen Cut und gab in der Rundenpause auf, wodurch dieser Aufbaukampf leider auch nicht sonderlich viel bot.

Im Cruisergewicht meldete sich Semir Dautovic (7-3-2) erfolgreich zurück. Dautovic verlor neulich auf der Undercard des Eliminatorkampfes zwischen Huseyin Cinkara (22-0) und Armend Xhoxhaj (18-4) in Nürnberg und sollte mit Tamas Laska (19-35-1) einen Aufbaugegner erhalten. Auch hier konnte Laska dem Publikum nichts bieten und wurde in der ersten Runde gestoppt.

Den spannendsten Kampf des Abends gab es im Superweltergewicht zu sehen, wo Ajdin Reiz (11-0-1) auf Gyorgy Mizsei (28-46-1) traf. Reiz investierte viel in den Kampf und schlug einige Serien zum Körper, die Mizsei aber überwiegend blockte. In den hinteren Runden baute Reiz dann konditionell sichtlich ab, wodurch Mizsei seine Chance ergriff und Druck ausübte. So gingen die letzten beiden Runden an den Ungarn, der aber die restlichen Runden wohl verloren hat. Der enge und spannende Kampf wurde dann via geteiltem Punktentscheid für Reiz gewertet, was sicherlich auch so in Ordnung ging.

Im Supermittelgewicht konnte zudem Seref Yasar (1-0) ein geglücktes Profidebüt gegen den routinierten Janos Lakatos (7-58-1) feiern. Yasar bewegte sich viel und boxte überwiegend über die Distanz. Lakatos war recht kompakt und teilweise auch nicht ungefährlich. Beispielsweise rüttelte er in der dritten Runde Yasar ordentlich durch, der sich aber auf den Beinen hielt. Am Ende bekam Yasar den Kampf einstimmig nach Punkten zugesprochen.

Die nächste Veranstaltung ist im Oktober geplant

Grundsätzlich lieferte das UGRO-Boxteam wieder eine tolle Profiveranstaltung im Ebertbad ab. Natürlich gibt es Verbesserungspotenzial, insbesondere beim Matchmaking der Kämpfe. Einige Aufbaukämpfe verliefen doch sehr einseitig, aber es gibt immer wieder kurzfristige Änderungen, wodurch Kämpfe nicht so stattfinden, wie sie vielleicht angedacht waren. Jedenfalls wäre etwas mehr Ausgeglichenheit in der Zukunft sicherlich förderlich.

Die nächste Gelegenheit dafür wird der 5. Oktober sein, wenn das UGRO-Boxteam in das Ebertbad von Oberhausen zurückkehren wird.

El Bakri’s Golden Boxing Event – Ergebnisse aus Wiesbaden

Am Samstagabend veranstalteten Promoter Rachid El Bakri und Fatih Altunkaya die Wiesbadener Fight Night. Unter der Schirmherrschaft des marokkanischen Konsulats bestritt Ilias Kallouch den Hauptkampf des Abends gegen Mirko Sikora.

Ehemaliger Boxer der Sturm Promotion meldet sich eindrucksvoll zurück

Ilias Kallouch (11-2, 5 K.o.), einst unter der Flagge von Felix Sturm im deutschen Boxsport aktiv und trainiert von Maurice Weber, kehrte nach einer einjährigen Ringabstinenz eindrucksvoll zurück. Vor den Augen des marokkanischen Botschafters setzte sich der Deutsch-Marokkaner problemlos gegen den Journeyman Mirko Sikora (16-19, 5 K.o.) durch und gewann vorzeitig in der ersten Runde.

Oussama Kebdani bleibt weiterhin auf der Siegesstraße

Oussama Kebdani (6-0, 3 K.o.), ebenfalls mit marokkanischen Wurzeln, zeigte sein boxerisches Können. Der Bergheimer, der bisher nur bei Universum Events antrat, besiegte den weniger erfolgreichen Dennis Jürgen Neuer (2-24) durch technischen Knockout in der ersten Runde.

Nadir El Bakri tritt in die Fußstapfen seines Vaters

Nadir El Bakri (3-0, 2 K.o.), Sohn des Veranstalters und Trainers Rashid El Bakri, repräsentiert die zweite Generation der Boxsportfamilie. Rashid El Bakri war einst ein erfolgreicher Amateur- und Profiboxer. Vor heimischem Publikum trat der Junior gegen den aus Tschechien angereisten Mike Jurik (7-12, 6 K.o.) an und gewann souverän durch technischen Knockout in der zweiten Runde. Für die Zukunft plant El Bakri um den WBC Junioren Titel zu boxen.

Ali Dakroub strebt nach Wiedergutmachung

Der Schwergewichtler Ali Dakroub (3-1, 3 K.o.) musste im Februar dieses Jahres eine bittere Niederlage hinnehmen. Bei seinem zweiten Auftritt in der hessischen Hauptstadt wollte er Wiedergutmachung und besiegte Gianluca Di Florio (2-4) vorzeitig in der ersten Runde.

Arman Poorasghar meldet sich zurück

Arman Poorasghar (8-2, 4 K.o.), der zuletzt im April eine schmerzhafte Niederlage gegen Noah Fischer erlitt, meldete sich mit einem Aufbaukampf gegen Mario Obenauer (1-39) zurück.

Ex-Trainer von Henry Maske und Axel Schulz Manfred Wolke gestorben

Übereinstimmenden Medienberichten zufolge ist einer der ganz Großen des deutschen Boxsports verstorben: Manfred Wolke. 

Wegbereiter des „deutschen Box-Booms“ stirbt mit 81 Jahren

Im Alter von 81 Jahren ist der ehemalige Olympiasieger von 1968 sowie Boxtrainer Manfred Wolke am vergangenen Mittwoch, 29. Mai, verstorben. Wie die BILD schreibt, habe Wolke an Demenz gelitten und soll in einer Pflegeeinrichtung, abgeschottet von der Öffentlichkeit, in Frankfurt/Oder gelebt haben.

Manfred Wolke war einer der Wegbreiter des „deutschen Box-Booms“ in den 90er Jahren. Er war u.a. Trainer von Axel Schulz, den er beispielsweise zur WM gegen George Foreman führte und Henry Maske, der mit Wolke in der Ecke 1988 Gold bei den Olympischen Spielen und 1993 die IBF-Weltmeisterschaft bei den Profis holte. Maske und Wolke waren fortan die prägenden Gesichter des deutschen Boxens. Zur BILD sagte sein ehemaliger Schützling, der ihn als einer der wenigen noch besuchen durfte: „Der Tod meines Trainers hat mich natürlich sehr hart getroffen. Am 24. Januar habe ich Manfred Wolke noch einmal besuchen können. Er war zu diesem Zeitpunkt in einer körperlich sehr guten Verfassung. Nur diese Demenz … Jetzt ist er gegangen und auch erlöst.“

Maske und Wolke
Manfred Wolke (rechts) mit seinem „Meisterschüler“ Henry Maske. (Fotonachweis: WENN Ltd / Alamy Stock Foto)

Axel Schulz wird bei BILD zitiert mit: „Ich bin dankbar, bei Manfred Wolke trainiert zu haben. Er war der beste Trainer in meiner Karriere.“

Neben Schulz und Maske, war Wolke auch Trainer von Rudi Fink, Danilo Häußler, Timo Hoffmann, Kai Kurzawa, Enad Licina, Torsten & Rüdiger May sowie kurzzeitig auch von Marco Huck. Der einstige Cruisergewichtsweltmeister zeigte sich in den sozialen Medien bestürzt über den Tod Wolkes: „Ich hatte das Privileg, einen Teil meiner Profi-Karriere mit ihm zu verbringen und kann mit Sicherheit sagen, dass er ein großartiger Mensch war. Sein Vermächtnis wird in der deutschen Boxgeschichte weiterleben.“

Foto Ebby Thust und Manfred Wolke
Ebby Thust und Manfred Wolke 2015

Auch sein ehemaliger Trainerkollege Ulli Wegner zeigte sich bestürzt über die Nachricht: „Manfred hat das deutsche Profi-Boxen wieder nach oben gebracht, er hat es nach der Wende salonfähig gemacht. Ich wäre zudem ohne Manne Wolke nie Profi-Trainer geworden. Er hat ins deutsche Profi-Boxen eine ganz neue Qualität gebracht. Das ist sein Verdienst. Ich bin sehr traurig und habe große Hochachtung vor seinem Lebenswerk.“

„Was Wolke sportlich vorweisen kann, wird hierzulande wohl auf Ewigkeit seinen Einmaligkeitswert behalten“, schätzte zudem der Boxjournalist Gunnar Meinhardt die Karriere Wolkes als Boxer und Trainer 2018 ein, als er anlässlich seines 75. Geburtstages über ihn schrieb.

BOXEN1 drückt allen Angehörigen, vor allem der Familie und engsten Freunden, herzliches Beileid aus. Ruhe in Frieden Manfred Wolke.

Ein König und seine Erben

In den letzten Wochen ging ein erdrutschartiger Riss durch die Schwergewichtsszene, nach dessen Abklingen Oleksandr Usyk als Majestät ganz oben steht. Doch der Ukrainer ist mit 37 Jahren in einem edlen Box-Alter und viele Akteure schielen auf seinen Thron. In meinem aktuellen Blog analysiere ich die aktuelle Schwergewichtsszene und werfe einen Blick auf die spannende Zukunft in der Königsklasse.

18. Mai, Riad, Saudi-Arabien. Gerade findet die zwölfte Runde des größten Schwergewichtsfights in diesem Jahrtausend statt. Der bewegliche Oleksandr Usyk leistet seinem deutlich größeren und schwereren Gegner Tyson Fury erbitterten Widerstand. Und obwohl der hünenhafte Engländer im letzten Durchgang nochmal stark auftrumpft, gewinnt der technisch versierte Mann aus Simferopol den Fight am Ende nach Punkten und krönt sich zum ersten unumstrittenen Weltmeister in der höchsten Division seit dem Löwen Lennox Lewis 1999.

Aus meiner Sicht ein verdienter Sieg für den mental starken Kosaken. Ich hatte den Fight ausgeglichen mit sechs zu sechs Runden, aber durch den Niederschlag schwang das Pendel zu Gunsten des Olympiasiegers. Die Punktrichter hatten es teilweise sogar noch deutlicher, auch wenn ein Judge sogar Fury vorne hatte. Für mich eine Fehlentscheidung. Für die Katze Usyk ist es die Krönung eines nicht enden wollenden Siegeszuges, der ihn nun auch im Schwergewicht nach ganz oben gebracht hat. Es besteht kein Zweifel darüber, dass er derzeit der beste Fighter der Division ist und in meinen Augen auch Pound-for-Pound die Nummer Eins. Für ihn gilt: Durchatmen und genießen.

Denn jeder, der die Boxszene verfolgt weiß, dass sie maximal schnelllebig ist. Usyks IBF-Gürtel steht schon wieder zur Disposition und auch wenn ein Verlustdes einen Titels an seinem Nummer Eins Status nichts ändern würde, steht doch mit Widersacher Tyson Fury der klar stärkste Herausforderer schon wieder in den Startlöchern. Der Rückkampf zwischen den beiden Ringhelden scheint bereits fix für Dezember datiert.

Der Mann aus Morecambe ist für mich absolut die Nummer zwei unter den schwersten Männern. Der smarte Brite lieferte Usyk den knappsten Fight seiner Schwergewichts-Karriere und dominierte das Gefecht die ersten sieben Runden deutlich. Nur seine eigene zu schwache Ausdauer und die damit einhergehende deutlich fehlende Konzentration in der Defensive machten dem ehemaligen linearen Champion im Mai einen Strich durch die Rechnung. Doch mit dem Gypsy King ist weiter zu rechnen. Jeder rufe sich in Erinnerung: Nach dem Remis gegen den Bronze Bomber Deontay Wilder im ersten Kampf 2018, kam Fury für die zweite Auflage deutlich verbessert zurück. Er kann den zukünftigen Hall-of-Famer Usyk in meinen Augen ganz sicher schlagen. Doch das ist erstmal Zukunftsmusik.

Anthony Joshua

Einer der dagegen zeitnah im Rampenlicht stehen wird ist Anthony Joshua, für mich derzeit die Nummer drei im Heavyweight. Der brutal schlagstarke Engländer ist ehemaliger Unified-Champion und hat sich durch vier Siege in Folge wieder in der Weltspitze zurückgemeldet. Auch wenn diese Siege in meinen Augen überbewertet sind. Mit Jermaine Franklin hat er einen Top 30 Mann geschlagen, danach sprang mit Robert Helenius ein Boxer über seinem Zenit extrem kurzfristig ein. Joshuas bester Sieg war sicher der Triumph über den Ex Fury-Gegner Otto Wallin im letzten Dezember. Doch auch hier hatte der Schwede nur vier Wochen Vorbereitungszeit und wirkte nicht topfit. Joshuas letzter krachender Sieg über Quereinsteiger Ngannou sah dann extrem spektakulär aus, aber boxerisch war sein Gegner auch sicher keine Weltklasse. Trotzdem hat sich AJ technisch verbessert gezeigt, sein neuer Coach Ben Davison scheint ihm gutzutun und seine Power ist natürlich über alle Zweifel erhaben. Ein echter Gradmesser erfolgt für den Briten im September, wenn er im Main Event wahrscheinlich gegen den Koloss Daniel Dubois antritt.

Daniel Dubois erwischt Filip Hrgovic mit einer Rechten

Sein junger Landsmann lieferte bei der Veranstaltung am Wochenende den Kampf des Abends, als der den favorisierten Kroaten Filip Hrgovic verdient via TKO schlug. Der ehemalige WBA-Weltmeister hält nun den IBF-Interims-WM-Titel und ist damit das lohnenswerteste nächste Ziel für Joshua. Sollte Dubois zum vollwertigen Weltmeister aufgewertet werden, wäre es für Ex-Champ Joshua die Chance ein drittes Mal Schwergewichtsweltmeister zu werden. Eine historische Möglichkeit und das in einem rein englischen Duell. Der explosive Kampf liegt auf dem Silbertablett und wird meiner Meinung nach im September stattfinden. Auch wenn es sportlich sicher noch andere Alternativen für den derzeit drittbesten Schwergewichtler Joshua gäbe.

Joseph Parker vs. Zhilei Zhang, Interim WBO World Heavyweight Title. / Foto: Mark Robinson Matchroom Boxing.

Als Erstes ist hier Joseph Parker zu nennen. Der Kiwi setzte zuletzt mit Siegen gegen Wilder und Zhang brutale Ausrufezeichen und steht nicht umsonst auf Platz vier der renommierten Ring Magazine Rangliste. Mit seiner großen Erfahrung und seinem aktuell starken Lauf ist Parker für jeden Boxer dieser Welt eine Herausforderung. Er boxt intelligent und lässt sich auch von Rückschlägen innerhalb seiner Fights nicht von seiner Linie abbringen. Doch da es danach aussieht, als ob AJ sich ihm im September nicht stellen wird, muss sich der Ex-WBO Champ nach anderen Optionen umsehen. Vielleicht ja ein Rematch mit dem ewigen Zhilei Zhang. Der China Bomber schlug am Wochenende Deontay Wilder per krachendem Knockout und bleibt so in der Verlosung für die ganz großen Mega-Fights. Mit über 40 Jahren und einer immer schwächer werdenden Ausdauer scheint es für den Asiaten nicht mehr nach ganz oben zu reichen. Aber ein dicker Fight wird für den K.O König sicher noch drin sein. Und den ganz ganz großen Fight, den sollte auch die größte deutsche Box-Hoffnung demnächst kriegen!

Agit Kabayel aus Bochum steht derzeit beim Ring Magazine nur einen Platz hinter Parker und noch vor Zhang. Der schlagstarke Leberking zerlegte im Mai den bärenstarken Frank Sanchez und hat damit nach dem Russen Makhmudov das zweite Schreckgespenst des Schwergewichts aus dem Weg geräumt. Der Mann aus dem Ruhrpott ist derzeit der Pflichtherausforderer bei der WBC und steckt damit in einer echten Zwickmühle. Soll er einen weiteren Big Fight in Saudi-Arabien gegen einen sehr starken Gegner annehmen? Oder doch mit Stay-Busy Fights seine Mandatory-Position halten. Wie schief das gehen kann, haben wir am Wochenende bei Hrgovic gesehen. Der Olympia-Bronze Medaillen Gewinner von 2016 war seit Mitte 2022 Pflichtherausforderer bei der IBF und seitdem ohne wirkliche Herausforderung im Ring. Zu einem Fight gegen Usyk kam es aber wegen der größeren Vereinigungskämpfen des Ukrainers nie und am Wochenende trat der Kroate überraschend schwach auf. Eine ähnlich lange Wartepause droht nun auch dem deutschen Faustheld Kabayel, der minimal noch ein Jahr auf seine Chance bei der WBC warten müsste. Die nächsten Wochen werden zeigen, wo der Weg des gebürtigen Leverkuseners hingeht. So oder so hat er sich zur Überraschung vieler in den letzten sechs Monaten in der absoluten Weltspitze platziert. In meinen Augen hat er auch gegen jeden Boxer dieses Planeten eine reelle Siegchance.

Agit Kabayel schlägt Frank Sanchez nieder

Die Weltspitze haben wir mit den oben genannten Akteuren nun auch abgearbeitet. Mit den Top Drei Usyk, Fury und AJ, sowie vier brachial starken Contendern ist die königliche Division derzeit so stark wie lange nicht mehr. Mein Geheimtipp unter den schweren Kalibern, den ich noch vor allen aufstrebenden Youngstern und Veteranen sehe, ist Martin Bakole. Der bullige Kongolese wartet nach seinem Sieg gegen Takam aus dem letzten Oktober auf seine große Chance. Er ist brandgefährlich, nur leider fehlt ihm derzeit das absolute Top Management, um ihn in den großen Gefechten zu platzieren. Ganz anders sieht es beispielsweise bei Jared Anderson aus. Der Amerikaner wird bestens promotet und gilt weltweit als der aufregendste Prospect unter den schweren Männern. Allerdings ist The Real Big Baby selbst auf erweitertem höchstem Welt-Level nahezu ungeprüft, selbiges gilt für die Newcomer Bakhodir Jalolov und Moses Itauma. Spannende Namen für die Zukunft, bei denen aber niemand weiß, was passiert, wenn sie auf den ersten richtig harten Gegner treffen. Selbiges gilt für den ungeschlagenen Europameister und Hunter Oleksandr Zakhozhyi, der auch auf größere Aufgaben schielt.

Weiterhin in der erweiterten Weltspitze liegen natürlich auch noch Frank Sanchez und Filip Hrgovic, die niemand nach der ersten Karriere-Niederlage komplett abschreiben sollte. Doch beiden zuvor unbesiegten Kriegern wurde in den letzten Gefechten deutlich ihre Grenze aufgezeigt. Neben den beiden kürzlich Geschlagenen sind da natürlich noch viele Veteranen wie Andy Ruiz, Dillian Whyte, Joe Joyce, Kubrat Pulev und Deontay Wilder. Letzterer wird seine Welt-Karriere nach der heftigen Pleite gegen Zhang wohl beenden, alle anderen schielen nochmal auf einen Big Money Fight. Ein Sprung zurück nach ganz oben ist ihnen im Herbst ihrer Karriere allerdings nicht mehr zuzutrauen.

Denn hier thront mit Usyk eine völlig andere Qualität. Der Mann aus Simferopol ist schon jetzt einer der besten Boxer aller Zeiten und hat nun auch eine Schwergewichtsära geprägt. Bis mindestens Ende Dezember steht die Katze ganz oben, dann werden die Karten wieder neu gemischt. Wie immer im Boxen.

Zhilei Zhang stoppt einen schwachen Deontay Wilder in Runde 5

Riyadh, Saudi Arabia: Zhilei Zhang v Deontay Wilder, Heavyweight Contest.
2 June 2024
Picture By Mark Robinson Matchroom Boxing

Zhang gewinnt das Duell der Puncher und steht vor großen Kämpfen. Für Wilder schaut es nach dem Karriereende aus.

Im Hauptkampf des großen 5-vs-5-Promoterduells zwischen Matchroom Boxing und Queensberry Promotions fand der Schwergewichtskampf zwischen Deontay Wilder (43-4-1) und Zhilei Zhang (27-2-1) statt. Es hätte der krönende Abschluss im Promoterduell sein sollen, doch da Matchroom Boxing zuvor jedes Duell verlor, war das Promoterduell schon längst entschieden.

Natürlich blieb der Schwergewichtskampf für sich betrachtet weiterhin spannend. Beide Boxer mussten sich zuletzt gegen Joseph Parker (35-3) geschlagen geben. Während Zhang den Australier zumindest in zwei Runden am Boden hatte, sah Wilder praktisch kein Land im Kampf und ging in den 12 Runden ziemlich wehrlos unter. Da Wilder schon Ende 30 ist und Zhang sogar Anfang 40, war im Vorfeld klar, dass nur der Gewinner eine wirkliche Zukunft im Boxen noch haben wird. Es war also ein enorm wichtiger und wegweisender Kampf für beide Boxer, zumindest auf die alten Tage. Bei Wilder stand sogar ein Karriereende im Raum, wenn er diesen Kampf verlieren sollte.

Beide Boxer haben die schwächste Workrate im Schwergewicht

Im Vorfeld konnte man den Kampf durchaus kritisch beäugen. Zwar standen zwei richtig gefürchtete Puncher im Ring gegenüber, aber sie waren zuletzt nicht erfolgreich und wiesen auch eine sehr schwache Workrate auf. Wilder und Zhang sind Konterboxer, die auf ihren Moment warten und dann dynamisch Schaden anrichten. Deshalb war ein zäher Kampf trotz der Schlagkraft durchaus denkbar. Dies sollte sich auch schnell bewahrheiten, denn beide Boxer lieferten nicht gerade ein Feuerwerk um 2 Uhr morgens ab.

Wilder versuchte anfänglich noch boxerisch etwas zu agieren und brachte auch einige Male den Jab. Die erste Runde ging unter Umständen an den US-Amerikaner. In der zweiten Runde war es Zhang, der Wilder an den Seilen stellte und auch gut zum Körper arbeitete. Der Gewichtsunterschied von über 20 kg war in den Infight-Momenten mehr als sichtbar. Wilder war schon immer ein recht großes, aber dünnes Schwergewicht; im Kampf gegen den bulligen Zhang wirkte das jedoch noch drastischer als jemals zuvor. Insgesamt war es ein enttäuschender Kampf, in dem beide Boxer nicht sonderlich viel zeigten. Zhang marschierte zwar, schlug dafür aber wenig. Wilder war viel im Rückwärtsgang aktiv und trommelte sich mutzusprechend auf die Brust, doch die einstige Explosivität sah man von ihm nicht mehr.

Wilder hat etwas Erfolg und wird krachend gestoppt

Riyadh, Saudi Arabia: Zhilei Zhang v Deontay Wilder, Heavyweight Contest.
2 June 2024
Picture By Mark Robinson Matchroom Boxing

In der fünften Runde tat sich dann etwas im Kampf. Wilder konnte seine ehemals gefürchtete Schlaghand anbringen und setzte sogar zeitweise beherzt nach. Es schien so, als habe er dadurch Motivation und Selbstvertrauen getankt und komme nun besser in den Kampf. Dieser Eindruck wurde aber zügig revidiert, als Zhang Wilder krachend abfing. Wilder stolperte etwas und blickte desillusioniert zum Ringrichter, während Zhang konsequent nachsetzte und Wilder, der den Schlag nicht kommen sah, hart zu Boden schickte. Das war das Ende dieses wenig Esprit vollen Kampfes. Wilder stand zwar tatsächlich trotz des harten Niederschlags noch einmal auf, aber er wirkte so wackelig auf den Beinen und unklar im Kopf, dass der Ringrichter den Kampf sofort abwinkte.

Zhang erwartet große Kämpfe – Wilder steht vor dem Karriereende

Riyadh, Saudi Arabia: Zhilei Zhang v Deontay Wilder, Heavyweight Contest.
2 June 2024
Picture By Mark Robinson Matchroom Boxing

Für Wilder dürfte die zweite Niederlage in Serie wohl das Karriereende bedeuten. Er hat zwar einen längeren Vertrag bei den Saudis unterschrieben, aber es ist zu hören, dass eine weitere chancenlose Niederlage durchaus zum Ende des Vertrags führen dürfte. Wilder scheint insgesamt nicht mehr im Mindset so stark zu sein, dass er die Karriere noch einmal herumreißen könnte. Einst verkörperte er eine Menge Dynamik, Energie und auch Wildheit, die nun zunehmend erloschen zu sein scheinen. Vermutlich spielen dort zahlreiche Faktoren eine Rolle, und wirklich hungrig ist er in seinem aktuellen Karrierestand mit fast 40 Jahren wohl auch kaum. Ein Karriereende wäre sicherlich die klügste Entscheidung. Seine Legacy hat durch die beiden Niederlagen natürlich mächtig gelitten, aber er wird in die Schwergewichtshistorie als einer der größten Puncher aller Zeiten eingehen.

Für den 41-jährigen Zhang bieten sich durch den Erfolg noch einmal Gelegenheiten. Ein guter Payday ist mehr als realistisch, und aktuell wird auch der Name Agit Kabayel gehandelt. Wie es dort weitergehen wird, bleibt abzuwarten. Vorerst „bangt“ der Chinese aber weiter.

https://youtu.be/hdfwzn3JCBw?si=I8vV2aYc8j98eiB3

Heavyweight-Action: Daniel Dubois mit TKO-Sieg über Filip Hrgovic!

Beim 5 vs. 5 Event in Riad lieferten sich Daniel Dubois und Filip Hrgovic eine zunächst temporeiche Schlacht, bei der Daniel Dubois eine karrierebeste Leistung abrief.

Temporeicher Beginn mit satten Treffern

Abtasten Fehlanzeige: Gleich zu Beginn der auf 12 Runden angesetzten IBF-Interims-WM gaben beide Schwergewichtler Gas! Nach anfänglichen Jabs auf beiden Seiten flogen zugleich erste Powerpunches, bei denen vor allem Hrgovic satte Treffer zum Kopf landen und sich so die Runde sichern konnte.

Auch im zweiten Durchgang war das Tempo hoch und Action im Ring geboten. „Defense is not on the menu“ sagte der englische DAZN-Kommentator richtig, denn Angriff war auf beiden Seiten das Mittel der Wahl. Der Kroate boxte nun wechselnd zu Körper und Kopf und trieb den Briten in den Rückwärtsgang, ehe er sich in der zweiten Hälfte zurückfightete und selbst gute Treffer landete. In den letzten Sekunden dieses zweiten Durchgangs war klar, dass der Kampf nicht über die Runden gehen dürfte. Durch einen Punch zum Kopf öffnete sich an Hrgovics rechtem Auge ein Cut.

Dubois versuchte das Tempo auch in der dritten Runde hochzuhalten. Hrgovic konnte mit seiner rechten Schlaghand nahezu jedesmal treffen und Dubois somit zusetzen. Der wiederum konnte durch schnelle Hände glänzen und dem durch den Cut ohnehin schon gezeichneten Kroaten ebenfalls zusetzen. Der Brite erwies sich nach Zhilei Zhang als Hrgovics größter Test, seitdem er 2017 zu den Profis wechselte. Dennoch nahm Dubois zu viele Hände zum Kopf, ohne diese zu verteidigen.

Cuts und temporeicher Start setzten Hrgovic zu

Im Verlauf der fünften Runde wirkte Filip Hrgovic bereits konditionell geschwächt, während Dubois weiterhin ein hohes Tempo gehen konnte. Der Cut machte dem Kroaten zudem weiterhin zu schaffen. „El Animal“ landete eine satte Rechte zum Ende der Runde. Im sechsten Durchgang fanden sich beide nun öfter im Clinch wieder. Zu allem Übel kassierte Hrgovic jetzt auch noch einen kleinen Cut am linken Auge.

Daniel Dubois kontrollierte den Kampf in der siebten Runde teils deutlich. Hrgovics musste den Investitionen von den Anfangsrunden nun Tribut zollen. Mit einer kolossalen rechten Hand schüttelte er den Kroaten in der letzten Minute ordentlich durch und teilte auch in den darauf folgenden Sekunden weiter aus. Kurz vor dem Schlussgong schepperten weitere Bomben ein, die Hrgovic nur mit großer Mühe nahm und stehen blieb.

Abbruch wegen zwei Cuts! Daniel Dubois triumphiert über Filip Hrgovic

In der Achten machte er gleich da weiter, wo er in Runde 7 aufgehört hatte: Daniel Dubois attackierte Hrgovic aggressiv weiter und teilte mächtig aus. Der Kroate, der bis dato ungeschlagen ist, musste harte Hände nehmen, verteidigte sich kaum und teilte nur wenig selbst aus. Die Cuts bluteten sehr stark, was den Referee dazu veranlasste, den Kampf zu unterbrechen und den anwesenden Ringarzt zu konsultieren. Der gab dem Referee den Ratschlag, den Kampf abzubrechen, um schlimme bleibende Schäden beim Kroaten zu vermeiden. Der Referee brach den Kampf daraufhin ab und erklärte Daniel Dubois damit zum TKO-Sieger!

Der erst 26-jährige Brite sicherte sich damit nicht nur die IBF-Interims-WM sondern auch den Teamsieg für Queensberry! Nun könnte es zum Aufeinandertreffen zwischen Daniel Dubois und Anthony Joshua im Spätsommer in London kommen.