Vor EM-Titelverteidigung: Abass Baraou im BOXEN1-Interview

Foto: Team Abass Baraou

BOXEN1 sprach mit Abass Baraou im Interview vor seinem bevorstehenden Kampf am kommenden Samstag.

Abass Baraou: „Ich trainiere durch Jorge Rubio noch ehrgeiziger“

Nach seinem Sieg im Kampf um den EM-Titel gegen Sam Eggington, steigt der deutsche Superweltergewichtler Abass Baraou am kommenden Samstag wieder in Ring. Nur drei Monate nach seinem letzten Fight, trifft er in einer ersten Titelverteidigung im Bolton Whites Hotel (De Vere Whites) in Bolton, England auf den Briten Macaulay McGowan (20-4-2, 5 KOs). Baraou sprach mit BOXEN1 über den bevorstehenden Kampf, seinen Standortwechsel nach Miami, Neu-Trainer Jorge Rubio sowie seine WM-Ziele.

Wie ist dein aktueller Trainingszustand?

Abass Baraou: „Ich bereite mich seit zwei Monaten auf den Kampf vor. Ich bin top fit, auch die Sparrings waren gut.“

Foto: Team Abass Baraou

Inwiefern macht sich der kubanische Einfluss deines neuen Trainers Jorge Rubio bemerkbar?

Abass Baraou: „Ich würde nicht sagen, dass es da einen kubanischen Einfluss gibt. Jorge ist sehr diszipliniert und ich trainiere durch ihn noch ehrgeiziger. Er ist mit Herz und Seele dabei. Alle Trainings sind noch mehr aufs Boxen spezialisiert, auch die Laufeinheiten beispielsweise. Wir trainieren sehr effektiv, es viel Bewegungstraining dabei.“

Zuvor warst du bei Adam Booth – merkst du einen Sprung im Training?

Abass Baraou: „Ja absolut. Es hat sich gelohnt nach Miami zu gehen. Ich merke körperlich und auch boxerisch die Veränderung.“

Abass Baraou mit seinem Trainer Jorge Rubio / Foto: Team Abass Baraou

Wie kam es denn dazu, dass du nach Miami gegangen bist?

Abass Baraou: „Die Zeit in England hat meiner boxerischen Karriere nicht den Sprung gegeben, den ich mir erhofft hatte. Ich habe mich zwar immer fit gehalten und auch boxerisch verbessert, aber meine Boxkarriere lag etwas auf Eis. Ich wollte also einen Neustart und sagte mir: entweder richtig oder ich lasse es ganz sein. Also habe ich den Schritt mit Miami gewagt, die Zähne zusammengebissen und losgelegt. So kam ich auch mit meinem Manager Paul Gibson in Kontakt und habe ihm gesagt, dass ich gern in die USA gehen würde. Wir hatten dann Videocalls mit Jorge Rubio, haben uns sofort verstanden, vor allem menschlich. Die ersten Trainings waren perfekt, alles hat gepasst. In Miami kann ich meine Karriere jetzt weiter entwickeln. Ich bin aber auch noch gern in Deutschland, ich bin quasi nicht permanent in Miami.“

Am Samstag steigst du in Großbritannien wieder in den Ring. Dein Gegner ist im Ranking deutlich hinter dir (BoxRec #326, Baraou #16). Warum wurde dieser Gegner gewählt, nachdem dein ehemaliger Stablemate Josh Kelly im Gespräch war?

Abass Baraou: „Es ging darum, dass ich aktiv bleibe und es zwischen meinem letztem Kampf und dem neuen Termin keine zu lange Pause gibt. Seitens des Kelly-Teams gab es keine Ambitionen, den Kampf anzunehmen, wir hatten aber verhandelt. Den Kampf jetzt muss ich aber auch erstmal hinter mich bringen. Meine Aktivität ist mir sehr wichtig, denn zuletzt war ich recht inaktiv. Ich wollte keine Zeit verlieren und deswegen haben wir uns jetzt für diesen Gegner entschieden.“

Abass Baraou / Screenshot Google Meet Interview mit BOXEN1

Dein Kampf gegen deinen letzten Gegner Sam Eggington war ein WBA-Eliminator. Du wärst quasi der kommende Gegner vom aktuellen WBA-Weltmeister Israil Madrimov. Verfolgt ihr diesen Plan weiterhin?

Abass Baraou: „Wir wollten diesen Kampf anstreben, aber Madrimov boxt ja jetzt gegen Crawford. Deswegen haben wir einen anderen Weg eingeschlagen. Vielleicht ergibt sich bei mir nach August eine Möglichkeit, gegen einen guten Mann zu boxen und meine Position (Anm. d. Red. WBA #2, WBC #8) zu verbessern. Meine Rankings sind gut, vielleicht ergibt sich dann auch eine WM. Bis dahin will ich so aktiv wie möglich bleiben.“

In einem Interview vor nicht all zu langer Zeit sagtest du, dass du gern wieder in Deutschland boxen würdest. Unter welchen Umständen wäre das denn möglich?

Abass Baraou: „Wenn es nach mir gehen würde, jederzeit. Ich glaube aber, dass hierfür erstmal wieder TV-Sender mitspielen müssten, damit man auch einen guten Kampf nach Deutschland holen kann. Meine Promoter sind immer wieder in Verhandlungen und versuchen was auf die Beine zu stellen. Es würde nichts bringen, einen guten Kampf nach Deutschland zu holen, wenn es niemand überträgt. Wenn es eine Möglichkeit gäbe, in Deutschland zu boxen, würde ich sofort zusagen.“

Apropos Übertragung und Deutschland: einen großen Fight hatte zuletzt der öffentlich-rechtliche Sender rbb übertragen – nämlich den deines ehemaligen Gegners Jack Culcay vom AGON-Team, der gegen Bakhram Murtazaliev um die WM geboxt hat. Wie fandest du seinen Kampf?

Abass Baraou: „Ich habe nicht den kompletten Kampf gesehen, aber Ausschnitte. Er hat eine sehr gute Leistung gezeigt und es sah auch so aus, als würde er den Kampf siegreich gestalten. Jack hatte viele Runden gesichert und einen guten Kampf sowie Performance geliefert. Leider hat es letztendlich nicht geklappt, was schade war, denn für Deutschland wäre das gut gewesen. Wir hätten dann auch einen Rückkampf machen können.“

Foto: Team Abass Baraou

Was ist für dich derzeit am wichtigsten hinsichtlich deiner Karriere?

Abass Baraou: „Mein oberstes Ziel ist es, so schnell wie möglich um die WM zu boxen. Mein Traum ist es natürlich, Weltmeister zu werden. Ich habe mich gut positioniert und so könnten sich einige Möglichkeiten ergeben, oben mitzumischen. Wenn wir an Namen wie Ortiz, Madrimov oder Tszyu denken, könnte sich auch recht schnell eine Möglichkeit ergeben, gegen sie zu boxen. Ich möchte mich mit den Fights bemerkbar machen und eine gute Performance liefern.“

Hast du mit deinen alten deutschen Boxkollegen aus deiner Zeit bei Sauerland noch Kontakt? Mit deinen ehemaligen Kollegen aus England hast du ja noch einen Draht.

Abass Baraou: „Ja klar, mit den Jungs aus England wie Michael Conlan oder Harlem Eubank bin ich nach wie vor gut vernetzt. Wir sind echt gute Freunde geworden und gehen auch zu den Kämpfen des jeweils anderen, wenn es klappt. Hier und da spricht man miteinander, aber wir verfolgen auch alle unsere eigene Laufbahn. Mit Herrn Wegner quatsche ich ab und zu, wir telefonieren und sehen uns auch ab und an, wenn ich in Berlin bin. Auch mit den Boxern habe ich Kontakt, wenn es zeitlich passt.“

Gibts in deiner Gewichtsklasse Kämpfe, die du gern machen würdest? Was sind deine Traumgegner? Aus deutscher Sicht sind Slawa Spomer, Jack Culcay und Ilias Essaoudi sicherlich interessant. Könntest du dir Kämpfe gegen die Jungs, beispielsweise um den EBU-Titel vorstellen? Wie wäre ein Rematch gegen Culcay?

Abass Baraou: „Nach meiner Niederlage gegen Jack Culcay war ich fokussiert auf eine Revanche und wollte das auch schnell machen. Aber irgendwann hat sich mein Weg geändert und jetzt wäre es, bei einer Europameisterschaft z.B. wieder interessant. Jack ist älter geworden, die Zeit der Revanche ist eigentlich vorbei und es steht auch nicht an erster Stelle. Ich will machen, was das richtige für meine Karriere ist, Wunschgegner habe ich nicht. Es kommt immer darauf an, was man für Kämpfe Zustande bringen kann, aber ich bin bereit, gegen jeden zu boxen. Mich interessieren vor allem die großen Kämpfe, einen Favoriten habe ich aber nicht. Ich boxe gegen alle!“

Foto: Team Abass Baraou

Wenn man sich die deutsche Boxlandschaft anguckt, bemerkt man, dass die heutigen Profis meist nur schwer vom Sport allein leben können. Kannst du dich voll und ganz Profi nennen und davon leben? Bist du auf Sponsoren angewiesen?

Abass Baraou: „Ich habe keine Sponsoren, ich lebe vom Boxen. Die Aktivität ist natürlich auch wichtig, damit ich vom Boxen leben kann. Ich kann mich voll und ganz auf meinen Sport konzentrieren.“

Was wäre deiner Meinung nach nötig, um das Boxen in Deutschland wieder zu pushen?

Abass Baraou: „Die Kämpfe müssen auf Augenhöhe und lukrativ für die Kämpfer sein. Es ist wichtig, dass man die Kämpfe schmackhaft für die Zuschauer macht, damit die TV-Sender mitspielen. Ich bin kein Experte in dem Gebiet, sehe aber wie es international läuft und beispielsweise in England oder den USA funktioniert. Wenn man das gleiche Feuer nach Deutschland bringen würde, wäre das gut.“

Nur noch wenige Tage bis zum Kampf, das Sparring ist vorbei und jetzt stehen vermutlich keine schweren Trainings mehr an. Passt das Gewicht?

Abass Baraou: „Das Gewicht passt, damit habe ich nie Probleme. Wir trainieren nur noch Wachsamkeit und Reaktion, aber keine Belastungen mehr.“

Würdest du Weltergewicht schaffen?

Abass Baraou: „Unter gewissen Umständen bzw. Voraussetzungen schon, es müsste sich auch lohnen. Ich kann es mir vorstellen, aber nur um es leichter zu haben, sehe ich keinen Vorteil darin.“

Wo können dich deine Fans sehen? Wo wird dein Kampf übertragen?

Abass Baraou: „Der Kampf wird in Deutschland auf DAZN zu sehen sein. In UK überträgt außerdem Channel 5. Viel Spaß bei meinem Kampf!“

Danke für das Interview und viel Erfolg für deinen bevorstehenden Fight, Abass!

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