Yaroslav Samofalov, mit 28 Jahren in die Boxer-Rente.

Yaroslav Samofalov geht mit 28 Jahren in die Box-Rente. Foto: ©️- Dietmar Albrecht.

Der Ukrainer Yaroslav Samofalov hat seine aktive Laufbahn beendet. Der BC Traktor Schwerin will seinen langjährigen Bundesliga-Boxer jetzt offiziell aus dem Ring  verabschieden.

Zum Abschluss einer Saison werden üblicherweise verdiente Mitarbeiter  verabschiedet. Auch die Bundesliga-Boxer des BC Traktor Schwerin werden  beim Meisterschaftsfinale am 4. Mai ab 19 Uhr in der Schweriner Kästner-Halle in  der Hamburger Allee vor dem entscheidenden Kampf gegen den MBR Hamm  einige Aktive in die sportliche Rente verabschieden. Einer davon soll Yaroslav Samofalov sein.

Es ist Sonnabend, der 2. Dezember 2023. Bei der deutschen Box-Meisterschaft  in der Schweriner Palmberg-Arena ertönt der letzte Gong im Finale des  Weltergewichts. Yaroslav Samofalov wird zum Sieger in diesem Vergleich mit  dem Gifhorner Nick Bier erklärt. Der 69-Kilo-Mann aus Schwerin ist damit zum  dritten Mal in Folge deutscher Meister in dieser Gewichtsklasse geworden und ab diesem Moment Box-Rentner.

Yaroslav Samofalov.

Keine Aussicht auf Olympische Spiele

“Ich hatte die Hoffnung, bei den Olympischen Spielen im Sommer ‘24 in Paris  antreten zu können”, beginnt “Yaro” seine Erklärung für den Rücktritt vom aktiven  Sport, den er mit nur 28 Jahren und damit eigentlich im besten Boxer-Alter  beschlossen hat. “Aber weil ich in Deutschland lebe, habe ich keine Chance auf  einen Startplatz für meine ukrainische Heimat. Und als Ukrainer darf ich nicht für  Deutschland starten. Ohne Aussicht auf internationale Turniere fehlte mir die  Motivation.” Auch einige Angebote aus dem Profilager konnten den Boxer nicht  überzeugen, weiterhin seinen Sport zu betreiben.

BC Traktor Schwerin Pressemitteilung

Der inzwischen 29-lährige lebt seit Anfang 2022 in Schwerin. Als Russland sein  Heimatland angriff, war er gerade mit der Nationalmannschaft bei einem Turnier in Sofia. Seine Heimatstadt Sumy im Nordosten der Ukraine gehörte zu den ersten Städten, die von den Russen eingenommen wurden. Der Deutsche Boxsport Verband bot in Zusammenarbeit mit den Bundesbehörden und dem Deutschen  Olympischen Sportbund (DOSB) Unterstützung für die Sportler an, die nicht in ein  Kriegsgebiet zurückkehren konnten oder wollten.

Yaroslav Samofalov.

Schnell Publikumsliebling beim BC Traktor

Samofalov kam bei Paul Döring unter. Den Sportdirektor des BC Traktor kannte  der Weltergewichtler von einem Gastspiel aus 2019, als er bereits für die  Schweriner Bundesligastaffel in den Ring gestiegen war. “Paul, der Vereins Vorsitzende Frank Kleinsorg und der Beiratsvorsitzende Jens Hadler sind schon  bald für mich eine Art Familie geworden”, erinnert sich Samofalov an die ersten  Monate nach seiner Flucht.

Anfangs lebte er noch im Haushalt von Paul Döring, bald konnte Freundin Alena  nachkommen, eine Wohnung im Zentrum Schwerins war auch gefunden. Der  ausgebildete Sportlehrer startete in der Bundesliga-Staffel des BC Traktor, wurde  dort schnell zum Publikumsliebling und brachte sich auch in die Trainingsarbeit  des Boxclubs ein. Er wurde zum Integrations-Coach, der sich um viele  Jugendliche und Kinder kümmerte, die bei Traktor ihre ersten sportlichen Schritte  gehen. “Wir verständigten uns auf verschiedenen Wegen”, schildert der Ukrainer  die Arbeit. “Die Kinder kommen aus alles Teilen der ehemaligen Sowjetunion, aber auch aus Asien oder Afrika. Häufig konnten wir deutsch, russisch oder  ukrainisch miteinander reden. Manchmal geht es aber auch mit Händen und  Füßen”, fügt er mit einem Schmunzeln hinzu.

Yaroslav Samofalov.

Nicht jeder kann Champion werden, aber ein guter  Mensch

Die Kinder sollen sich in erster Linie entwickeln, nicht nur sportlich, sondern vor  allem auch menschlich. “Nicht jedes Kind kann ein Champion werden, aber ein guter  Mensch”, ist die Devise des Sportlehrers. “Man muss viel machen für den Erfolg!“

„Egal, ob im Sport oder in anderen Bereichen des Lebens.” Neben Koordination  und Athletik sind deswegen auch Konzentration, Disziplin und Höflichkeit Schwerpunkte seiner Arbeit.

Auf lange Sicht ist die berufliche Situation aber nicht befriedigend für den Boxer.  Er ist auf der Suche nach einer Anstellung als Lehrer, seine ukrainischen Abschlüsse sind inzwischen alle in Deutschland anerkannt. “Ich habe  Bewerbungen losgeschickt, aber noch keine Antwort. Am liebsten wäre mir  natürlich eine Arbeit in Schwerin, aber ich würde auch eine Stelle annehmen, die  etwas entfernt ist, wenn ich den Weg täglich machen kann.”

Yaroslav Samofalov.

Im Sommer steht Heirat vor der Tür

Schwerin möchte er nämlich nicht verlassen. Schließlich ist inzwischen auch sein  Vater hier, der auch aus der Ferne stets die boxerische Laufbahn seines Sohnes  verfolgt hat. Und vor allem soll aus Lebensgefährtin Alena, die seit neun Jahren  an seiner Seite steht, im Sommer auch endlich Frau Somafalova werden. Den  Antrag hat sie angenommen, jetzt wird intensiv nach einem passenden Termin  und einer genauso passenden Feiermöglichkeit gesucht.

Es gibt nur noch eines, was die Familienplanung verzögern könnte: die Chance  auf eine Olympia-Teilnahme. “Die nächsten Olympischen Spiele sind 2028, dann bin ich 33. Das ist ein gutes Alter”, denkt Samofalov laut nach. Vielleicht darf er dann für die  Ukraine in Los Angeles antreten. Oder er bekommt vielleicht eine doppelte Staatsbürgerschaft, denn den ukrainischen Pass will er auf keinen Fall abgeben, kann  sich aber durchaus auch vorstellen, Deutscher zu werden für eine Startmöglichkeit.  “Dann würde ich noch einmal in den Ring zurückkehren. Aber nur dann”, steht für  Yaroslav Samofalov fest.

Pressemeldung: BC Traktor Schwerin. Text: Volker Beier – Foto: ©️- Dietmar Albrecht.

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