Yasin Basar im Boxen1-Interview: „Das wird ein sehr starker und interessanter Kampf“

Boxen: SLC Events, Hansestadt Hamburg schlägt zu!, Hamburg, 27.04.2024
Yasin Basar (GER) 
© Torsten Helmke

Am Samstag bestreitet Yasin Basar den Hauptkampf gegen Roman Fress, live im MDR. Zuvor gab er Boxen1 Einblicke in seine Gedankenwelt.

Die Spannung steigt, am Samstag wird die neue Wolfgang-Lakenmacher-Halle in Magdeburg zu einem Boxtempel. Erstmals findet dort ein Profibox-Event statt, das zudem live ab 22:15 Uhr im MDR übertragen wird. Im Hauptkampf treffen Roman Fress (20-1) und Yasin Basar (8-0) um den vakanten WBC-International-Titel im Cruisergewicht aufeinander.

Fress ist ein international renommierter Boxer und geht als Favorit in den Kampf – doch Basar liegt die Underdog-Rolle durchaus. Er möchte beweisen, dass er zu den besten Cruisergewichten des Landes gehört und am Samstag in Magdeburg für Furore sorgen kann. Zuvor stellte er sich im Interview mit Boxen1.

Das Boxen1-Interview mit Yasin Basar

Boxen1: Hallo, Yasin. Es sind nur noch wenige Tage bis zum Kampf. Wie fühlst du dich?

Hallo, vielen Dank erstmal. Ich fühle mich sehr gut und freue mich schon auf den Samstag. Langsam werden die Fäuste heiß, und ich kann es nicht mehr erwarten, mein Können unter Beweis zu stellen.

Wie blickst du auf deine Vorbereitungszeit zurück? Du hast ja beispielsweise mit guten Leuten wie Milans Volkovs gesparrt.

Die Vorbereitung lief wirklich sehr gut. Das Sparring lief super, wir haben auch wirklich nichts dem Zufall überlassen. Wie du schon erwähnt hast, haben wir extra den Kollegen aus Lettland einfliegen lassen und mit ihm einige Tage Sparring gemacht. Die ganze Arbeit der letzten Monate hat Früchte getragen, das haben wir auch gesehen.

Ihr hättet bereits im Juni kämpfen sollen. Lief die Vorbereitung auf Roman Fress also schon sehr lange?

Genau. Mit dem ganzen Drumherum lief es eigentlich schon drei Monate. Im Mai wusste ich ungefähr, dass es in diese Richtung geht, da habe ich schon langsam angefangen. Dann kam die erste Vorbereitung, dann war ich schon in der Vorbereitung drin, ungefähr zwei bis drei Wochen. Danach habe ich die Nachricht erhalten, kurz runtergefahren, aber nur für ein paar Tage. Dann bin ich auf das Krafttraining umgestiegen, die Vorbereitung ging auch noch vier bis fünf Wochen. Also wir waren intensiv anderthalb bis zwei Monate am Trainieren.

Wir haben nichts dem Zufall überlassen und alles in die Vorbereitung gesteckt

Yasin Basar.

Würdest du sagen, dass du dich noch nie so gut auf einen Gegner vorbereitet hast?

Ja, definitiv! Das kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Das ist bislang mein größter Kampf. Ich habe noch nie einen Acht-Ründer, geschweige denn einen Zehn-Ründer gekämpft. Hier machen wir auf jeden Fall einen großen step. Natürlich gehört dazu auch eine gewisse Vorbereitung, die habe ich auch gemacht. Ich habe auch meinen ganzen Urlaub in die Vorbereitung gesteckt, damit ich mich auch richtig voll konzentrieren kann. Wir haben auch keine Kosten gescheut. Ich meine, Leute hierher einfliegen zu lassen, das kostet ja auch alles. Wir haben nichts dem Zufall überlassen und alles in die Vorbereitung gesteckt.

Du hast gesagt, dass du zuvor noch keinen 8-Runder geboxt hast. Besteht eventuell die Gefahr, dass dieser Kampf zu früh nach dem Comeback kommt?

Nein, auf keinen Fall. Es ist weder zu früh noch zu spät. Klar, man kann immer sagen, dass man noch eine Vorbereitung einlegt, um noch mehr aus dem Körper herauszuholen – aber mental bin ich gerade unfassbar stark. Das habe ich bemerkt, davon bin ich überzeugt. Ich bin 33 Jahre alt, jünger werde ich nicht – und jetzt noch mehr Aufbaukämpfe einzubauen, macht absolut keinen Sinn. In meiner Situation wäre es einfach nur Zeit- und Geldverschwendung. Jetzt ist der perfekte Zeitpunkt.

Ich bin schon ein Verrückter

Dir könnte zuvor die Erfahrung von 8 Runden doch durchaus guttun, oder? 10 Runden direkt sind schon ein großer Sprung.

Ja, das stimmt tatsächlich. Ich bin schon ein Verrückter *lacht, und ich glaube, das ist nochmal ein Beweis, dass ich verrückt genug bin. Ja, ich wollte es unbedingt machen, wollte es mir nochmal zeigen. Ich bin ein harter Typ, ich weiß das. Hört sich vielleicht doof an. Wie Rocky sagt, nichts schlägt härter als das Leben. Deswegen bin ich bereit für den Kampf, und wenn es sein muss, dann gehen wir über zehn Runden.

Du stammst aus Baden-Württemberg, hast aber deine aktive Profikarriere im Ausland begonnen. Wie kam es dazu?

Tatsächlich habe ich das mit 21 bis 22 Jahren alles Benedikt Poelchau zu verdanken. Die meisten kennen ihn ja unter Benny Blanco. Mein damaliger und jetziger Manager. Eigentlich habe ich alles ihm zu verdanken. Wäre er nicht gewesen, hätte ich niemals mit dem Profiboxen begonnen. Er hat damals das Ganze in London eingefädelt und hatte dort einen Fünf-Jahres-Vertrag. Leider kam es am Ende anders, ich habe dann komplett mit dem Boxen aufgehört für drei bis vier Jahre.

Im vergangenen Dezember gabst du dein Comeback nach über vier Jahren Ringabstinenz. Was waren die ausschlaggebenden Gründe dafür, dass du dir gesagt hast: „Ich muss unbedingt zurückkehren!“?

Ich habe tatsächlich zwei Comebacks gestartet, kann man sagen. Eines war 2019, dann kam, wie du es schon erwähnt hast, coronabedingt eine Ringabstinenz. 2022 habe ich dann gesagt, es geht so nicht weiter. Ich habe wieder angefangen, weil ich abnehmen und wieder etwas fit werden wollte. Ich war echt übergewichtig *lacht – und habe dann einfach angefangen zu trainieren. Nach und nach kam das dann. Ich bin einfach so einer, der immer alles ganz machen muss – oder gar nicht. Ich habe dann gemerkt, ich kann immer noch, es geht immer mehr und mehr, habe dann auch abgenommen. Irgendwann war es dann soweit, dass meine Hände gejuckt haben. So ist der Kampf 2023 in Bad Saulgaul entstanden. Das war auch der Startschuss, bei dem ich mir gesagt habe: Okay, jetzt fange ich richtig an. Anatoli Muratov ist mein Trainer seitdem, seit Anfang des Jahres. Eigentlich wollte ich nur abnehmen, und so kam es dazu, dass ich wieder angefangen habe, richtig zu boxen.

Wenn du deinen Boxstil beschreiben müsstest, wie würde dieser aussehen? Was zeichnet den Boxer Yasin Basar aus?

Ich würde behaupten, dass ich ein gut ausgebildeter Boxer bin. Ich weiß, wann man wie boxen muss. Wie man gegen größere boxt, wie in dem Fall Roman Fress – wie man gegen kleinere boxt, wie man gegen Konterboxer boxen sollte. Ich bin variabel und kann mich den Gegebenheiten anpassen. Ich war schon immer ein, man sagt dazu, Allroundboxer. Als Jugendlicher und Amateur war ich ein sehr guter Techniker, das ist so meine Stärke. Ich habe ein gutes Auge, meine Beinarbeit hat immer für sich gesprochen. Und abgesehen von der Boxtechnik, bin ich immer ein Stehaufmännchen gewesen. Wenn ich zurückblicke, dann bin ich immer wieder zurückgekommen. Egal, ob ich am Boden war, ich bin immer wieder aufgestanden. *lacht

Mit 1,82 m bist du für das Cruisergewicht etwas kleiner. Liegen dir größere Boxer gut?

Ja, mir liegen auch große Boxer. Ich weiß, wie ich gegen größere Männer boxen muss – was ich an Repertoire auspacken muss, um die Distanz zu überbrücken. Im Cruisergewicht fühle ich mich einfach wohler. Ich habe irgendwann gemerkt, dass dieses Abnehmen für das Halbschwergewicht nicht mehr drin war. Das Gewichtmachen raubt mir zu viel Kraft. Das haben wir auch im Cruisergewicht gemerkt, die Schlaghärte – die allgemeine Härte, Standfestigkeit, dies ist alles nun gegeben. Das hat mir früher sehr gefehlt, vor allem im Profiboxen. Das werden wir am Samstag unter Beweis stellen!

Nach zwei Aufbaukämpfen, die du jeweils vorzeitig gewonnen hast, steht nun der größte Profikampf deiner Karriere an. Wie lange hast du überlegt, diesen Kampf anzunehmen, und mit welchem Gefühl blickst du auf diese Titelchance?

Mir wurde schon durch die Blumen beim letzten Kampf in Hamburg gesagt, wenn du einen guten Kampf machst, dann wäre so etwas möglich. Nachdem ich dann für meinen letzten Gegner zwei Minuten gebraucht habe – er ist vorher über die volle Distanz mit einem Olympiasieger gegangen, so wurde es mir gesagt -, hat man mich gefragt: Wie wäre es mit Roman Fress? Da habe ich gesagt: Mich braucht ihr nicht zu fragen, ich bin sofort dabei! Trainer und Manager sollen entscheiden, von meiner Seite aus passt es. Im Leben kommen manchmal Chancen, und die Chancen muss man auch sehen und realisieren, ergreifen. Ich denke, das habe ich gemacht.

Ich schätze ihn sehr stark ein, das wird ein sehr starker und interessanter Kampf

Roman Fress vs. Yasin Basar.

Dein Kontrahent ist Roman Fress, ein erfahrener Mann von internationaler Klasse, der auch auf einen guten Amateurbackground zurückblicken kann. Wie schätzt du ihn ein?

Er ist ein sehr technischer und beweglicher Typ. Seine Reichweite spricht für sich, das bedeutet, ich muss arbeiten. Ich schätze ihn sehr stark ein, das wird ein sehr starker und interessanter Kampf. Das wird so ein klassischer Kampf Groß gegen Klein. Ich denke, es wird wirklich ein guter Kampf zum Anschauen und ein sehr spannender Kampf.

Was sind die Schlüssel zum Sieg, um Fress zu bezwingen? Fress verlor zuletzt gegen Armend Xhoxhaj, der mutig und offensiv boxte. Ist es auch dein taktischer Plan am Samstag, Fress von Beginn an unter Druck zu setzen?

Klar, man muss Druck machen und die Distanz überbrücken. Wie genau mein Gameplan aussieht, wird man hoffentlich am Samstag im MDR sehen.

Du hast aber schon eine konkrete Vorstellung davon, wie das aussehen soll?

Natürlich, es kann aber sein, dass er sich auch umstellt. Ich tue mich nicht festfahren. Es gibt zwar eine gewisse Fahrtrichtung, aber jeder Kampf, jeder Gegner ist anders. Es kann sein, dass er gegen Xhoxhaj etwas gelernt hat und sich nicht mehr so bedrängen lässt. Deswegen muss man immer im Ring – es sind Millisekunden in der Entscheidung -, die Fahrtrichtung einschlagen. Deswegen werden wir am Samstag vor Ort im Kampf es genau sehen. Es ist wichtig im Boxen, sich jeder Situation anzupassen.

Kämpfe im TV sind in Deutschland sehr selten geworden, doch du bestreitest mit Fress den WBC-Titelhauptkampf, der live im MDR übertragen wird. Spornt dich diese Konstellation vielleicht noch etwas mehr an?

Ja, absolut! Wie du schon gesagt hast, TV-Kämpfe sind rar. Es ist auch eine Chance, sich dort zu präsentieren und sein Boxen unter Beweis zu stellen. Umso mehr pusht es mich auch, wirklich 101 % herauszuholen. Auch schon während der Vorbereitung. Es ist im TV, es geht um einen wichtigen WBC-Titel. So ein Kampf wird den weiteren Weg ebnen können, deswegen gebe ich auch alles und pushe mich mehr.

Meine Kinder, sie sind mein Ein und Alles

Eine Frage abseits des Boxrings: Du bist auch Familienvater von zwei kleinen Kindern. Wie stark hat sich dein Leben dadurch verändert?

Es ist alles sehr positiv und schön mit zwei Kindern. Es ist halt reines Zeitmanagement mit Training, Arbeit, Frau, Kindern und Boxen. Aber meine Kinder, sie sind mein Ein und Alles. Aktuell sind sie schon seit drei Wochen im Urlaub, damit ich mich in den letzten Wochen noch konzentrieren kann. Ich habe sie tatsächlich auch extrem vermisst – und ich freue mich schon, nach dem Kampf zu ihnen zu fahren – mit dem Titel!

Abschließende Frage: Was möchtest du den Boxen1-Lesern auf den Weg geben? Worauf können sich alle Boxsportfreunde am Samstag gefasst machen?

Ich kann nur eines sagen, schaltet ein am Samstag ab 22:15 Uhr live im MDR. Ich werde 101 % im Ring lassen. Es wird ein sehr spannender Kampf, so ist meine Einschätzung. Es wird ein sehr schöner Kampf zum Anschauen, und ich werde wortwörtlich die Fetzen fliegen lassen!

Übertragung im MDR – Tickets auf Eventim noch verfügbar

Fightposter: Roman Fress vs. Yasin Basar.

Das Event wird am Samstag live im MDR ab 22:15 Uhr übertragen. Zudem wird ein Livestream zur Verfügung gestellt, der voraussichtlich auch Teile der Undercard zeigt.

Wer das Profiboxen live in der neuen Wolfgang-Lakenmacher-Halle erleben möchte, kann noch wenige Restkarten auf Eventim ab 37,50 € erwerben. Tickets sind auch über die SES-Hotline unter 0391/7273720 buchbar. Der Veranstaltungsbeginn ist für 18 Uhr geplant.

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